Bhutan 4. Oktober 2016

Mit der Chili zum ersten Bio-Staat der Welt

WORLD INSIGHT

Die kleine, scharfe Schote ist die Allzweckwaffe der Bhutanesen: Als Bio-Insektenschutz kommt sie auch in der Landwirtschaft zum Einsatz und soll in dem Himalaya-Königreich 100% ökologischen Anbau ermöglichen.

Während man sich hierzulande darüber streitet, ob in der Mensa Bio-Gerichte angeboten werden, ist im Entwicklungsland Bhutan ein vollkommen ökologischer Anbau nur noch eine Frage der Zeit. Das Lieblingsgemüse der Bhutanesen – die Chili – fungiert dabei als Bio-Schädlingsbekämpfer.

65% der Bhutanesen sind Bauern, viele von ihnen leben autark.

65% der Bhutanesen sind Bauern, viele von ihnen leben autark.

Bhutans Agrarsituation ist mit den meisten europäischen Ländern in keiner Weise vergleichbar. Hier leben noch 65% der Menschen von Landwirtschaft und Viehzucht. Bei vielen ersetzt der Ochse die Maschine und die Ernte reicht gerade für die eigene Familie. Dafür ist Bhutans Natur noch unbelastet, ursprünglich, teilweise sogar unberührt. Die Gründe für dieses gut erhaltene Ökosystem liegen jedoch nicht im Mangel an Entwicklung, sondern in der tiefen Naturverbundenheit der Bhutanesen. Dreiviertel der Bevölkerung sind gläubige Buddhisten, ein respektvoller Umgang mit ihrer Umwelt ist für sie selbstverständlich. Dieses Umweltbewusstsein wird von der Regierung gezielt gefördert.

Glücklich dank Umweltschutz

Dass Nachhaltigkeit glücklich macht – davon ist man in Bhutan schon lange überzeugt. König Jigme Singye Wangchuck (1972-2006) hat den Naturschutz als eine der vier Säulen des Bruttonationalglücks, dem bhutanesischen Äquivalent zum Bruttosozialprodukt, gesetzlich verankert. Laut Verfassung muss Bhutan immer CO2-neutral bleiben und 60% der Landesfläche bewaldet sein. Vorgaben, die die Regierung mustergültig erfüllt: Dichte Wälder bedecken heute noch 72% des Landes, obwohl sich weite Regionen über der Baumgrenze befinden. Die alpine Zone wiederum ist fast gänzlich unbewohnt, ja teilweise noch nie von einer Menschenseele betreten worden: Hoch oben auf den Bergen, davon sind die Bhutanesen überzeugt, leben die Götter, daher ist das Bergsteigen über 6.000 m verboten. Der höchste unbestiegene Gipfel der Welt liegt mit dem Gangkhar Puensum (7.541 m) in Bhutan.

Zwar gedeihen in Bhutan unzählige Gemüsesorten, doch die Hänge sind steil und schwer zu bewirtschaften.

Zwar gedeihen in Bhutan unzählige Gemüsesorten, doch die Hänge sind steil und schwer zu bewirtschaften.

Doch in Puncto Umweltschutz will Bhutan hoch hinaus: Das Ziel vom Bio-Staat war für die Regierung nur der nächste logische Schritt. „Als wir vor einigen Jahren diese Idee gebaren, war die Luft sehr sauber, die Erde unbelastet, die Flüsse nicht verschmutzt. Es wäre doch schade gewesen, das nicht zu erhalten”, sagt Kesang Tshomo, Leiterin des Bio-Programms. 2007 veröffentlichte König Jigme Khesar Namgyel Wangchuck als eine seiner ersten Amtshandlungen den Plan, wie dieses Ziel erreicht werden soll, wann hingegen ist noch unklar. „Vielleicht 2020“, sagt Kesang Tshomo. „Wir müssen die Lebenswirklichkeit der Bauern berücksichtigen.” Doch Bhutan ist auf einem guten Weg: Die Regierung kontrolliert das Geschäft von Insektiziden & Co; daher können die Bauern die Umweltgifte nicht im Handel erwerben, sondern nur im Notfall direkt bei der Regierung ordern. Heute wird auf gerademal 1,5% der Anbaufläche Chemie als Düngemittel oder Pflanzenschutzmittel eingesetzt. Mit dem Zertifikat „Bio“ schmücken sich in Bhutan trotzdem nur 2.000 Landwirte, Bio ist der Normalfall.

Auch wenn sich der Plan vom Öko-Staat einfach anhört, hat er seine Tücken. Denn Bio kostet und die Erträge der Bauern, die nur kleine und häufig sehr steile Felder bestellen, sind viel zu gering: 50% des Reisbedarfs werden noch aus Indien importiert. Deshalb erhalten die Bauern jetzt Schulungen, wie sie mit der richtigen Düngetechnik effektiver werden oder wie sie mit einem natürlichen Konzentrat aus Chili, Knoblauch, Zwiebeln und Pfeffer schädliche Insekten vertreiben. Sollte allerdings die Nachfrage nach Chilis als Bio-Schädlingsbekämpfer ins Unermessliche steigen, bekommen die Bhutanesen ein Problem: Die Chili ist ihr Nationalgemüse – nicht Gewürz (!) – und wird als Hauptzutat vieler Gerichte in rauen Mengen verzehrt.

Rezepttipp: Shamu datsi – Pfifferlinge mit Käse und Chili

Das Nationalgericht der Bhutanesen – Emadatse besteht nur aus Chilis und geschmolzenem Käse. Wer bei dieser Vorstellung gleichzeitig Appetit und Atembeschwerden bekommt, für den haben wir einen alternativen Rezepttipp parat: Shamu datsi – ebenso lecker, aber weniger scharf.

Die Chili fungiert in der bhutanesischen Küche nicht als Gewürz, sondern als Gemüse.

Die Chili fungiert in der bhutanesischen Küche nicht als Gewürz, sondern als Gemüse.

Zutaten für 2 (kleine) Portionen

  • 150g roter Reis
  • 250g Pfifferlinge
  • 4 frische grüne Chilischoten
  • 50g Frischkäse (Statt Frischkäse und Gouda wird in Bhutan Datsi-Käse verwendet)
  • 50g Gouda
  • Butter
  • Salz
  • Frühlingszwiebeln
  • Szechuan-Pfeffer
  • ein Stückchen Ingwer
  1. Den Reis aufsetzen und nach Packungsanweisung zubereiten
  2. Die Pilze putzen
  3. Die Chilis längs aufschneiden und halbieren. (Wenn man es weniger scharf mag, die Kerne entfernen). Die Chilis mit einer Tasse Wasser, Salz und Butter in einem Topf zum Kochen bringen. Bei niedriger Hitze fast weich kochen lassen, dann die Pfifferlinge hinzugeben, den Topf abdecken und 10 Minuten köcheln lassen. In der Zwischenzeit den Ingwer raspeln und die Frühlingszwiebeln hacken.
  4. Frischkäse, Gouda und Ingwer hinzufügen und weitere fünf Minuten kochen. Erst umrühren, wenn der Käse geschmolzen ist. Den Topf vom Herd nehmen, mit Szechuan-Pfeffer abschmecken. Gegebenenfalls nachsalzen. Mit Reis servieren und mit Frühlingszwiebeln garnieren.

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