In Peru herrschte einst die Hochkultur der Inka. Heute beeindruckt der Anden-Staat mit Hochgenuss – eine Geschichte über die gefeierte Fusionsküche, Meerschweinchen vom Grill und Wurzelknollen mit Superkräften.
Im Tawantinsuyo, dem alten Reich der Inka, speisten die Herrscher einst von Tellern mit doppeltem Boden. Was sich anhört wie ein Gadget von Q, dem berühmten Bastler aus James Bond, verdeutlicht den Stellenwert der Esskultur im Inka-Reich: Der doppelte Boden hielt wie bei einer Thermoskanne das Essen warm.
Dass sich auf dem Boden des ehemaligen Inka-Reichs heute einige der besten Restaurants der Welt finden, dass das heutige Peru mit den meisten Kochstudenten pro Kopf aufwarten kann, und dass dort Gourmetköche wie Popstars gefeiert werden, kann da kein Zufall sein.
Eine kulinarische Tour durch die Ökosysteme
Im Central in Lima, dem viertbesten Restaurant der Welt, gibt es ein 17-gängiges Menü, das mit jedem Gang eine andere Klimazone, einen anderen Naturraum Perus repräsentiert: von Schnecken und Krebsen 5 m unter dem Meeresspiegel, über die „Mais-Vielfalt“ aus 120 Höhenmetern, bis hin zu Andenkartoffeln von 2.875 m über dem Meeresspiegel.
„Von überall aus der Welt kommen die Leute zum Restaurant Central, um einmal dieses Menü zu essen“, erzählt Kim Lonny, eine unserer Partnerinnen in Peru. Doch auch wer seinen Geldbeutel nicht für den exklusiven Genuss in einem der weltbesten Restaurants schmälern möchte, dem eröffnet sich in Peru ein kulinarisches Wunderland. „Der Hintergrund der großartigen Küche Perus sind die zahlreichen Mikroklimazonen, die die unterschiedlichsten Anbauprodukte gedeihen lassen. Auch das Alltagsessen, auf dem Markt, an Ständen auf der Straße und in jedem Restaurant verblüfft deshalb mit einer Vielfalt an Zutaten“, berichtet unsere Country Managerin Diana Spehn.
Bestes Beispiel ist der Klassiker auf der peruanischen Speisekarte: Lomo Saltado! „In einer Sojasaucen-Marinade eingelegtes Rinderfilet, scharf angebraten mit frischen Chilis und klassisch serviert mit Reis und frittierten Kartoffeln“, erklärt Kim dieses Leibgericht der Peruaner, das einen ähnlichen Stellenwert hat wie in Deutschland das Schnitzel.
Von der Improvisation zur gefeierten Fusionsküche
Auffällig ist der Mix aus verschiedenen Esskulturen: Kartoffeln und Chili haben in Peru ihren Ursprung, während Rindfleisch und Zwiebeln aus Europa sowie Reis und Sojasauce aus China ihren Weg in die Küche des Andenstaats gefunden haben.
Die spanischen Eroberer, die Mitte des 16. Jahrhunderts das Inka-Reich stürzten, brachten nicht nur den katholischen Glauben mit sondern auch ihre Essgewohnheiten. Diese mischten sie mit den lokalen kulinarischen Traditionen: „Zutaten, die die Einwanderer nicht selbst aus ihrer Heimat mitgebracht haben, ersetzten sie mit lokalen Produkten. So entstand die Fusionsküche“, erzählt Kim.
Chinesische Einwanderer, die nach der Abschaffung der Sklaverei Mitte des 19. Jahrhunderts als neue „billige“ Arbeitskräfte nach Peru kamen, sorgten für eine Infusion chinesischer Esskultur. Sie begründeten die „Chifa“-Küche. Der Name kommt vom chinesischen Ausruf „Chi fan“, der so viel wie „zu Tisch“ bedeutet.
Neben der Chifa ist auch die Fusionsküche „Nikkei“, die auf japanischen Einflüssen beruht, bei Gourmets hoch im Kurs. „Peruaner schneiden den Fisch in kleine Stücke, Japaner haben den sauberen Sushi-Schnitt, mit dem sie den Fisch in Scheiben schneiden. Anschließend marinieren sie den Fisch mit Sojasauce“, erklärt Kim die Nikkei-Version des berühmten peruanischen Gerichts Ceviche und fügt hinzu: „Den besten Ceviche in Lima gibt es übrigens bei Chez Wong. Der Chefkoch Javier Wong schaut jeden Tag, was frisch auf dem Markt ist, und serviert sein Ceviche zur Mittagszeit in seinem Wohnhaus im Viertel Santa Catalina. Du kommst hin und isst frisch vom Tag!“
Tradition auf dem Teller
Auch nach peruanischer Zubereitungsart ist das ikonische Gericht ein Gedicht: „Der rohe Fisch wird mit Saft aus den berühmten peruanischen Limetten mariniert, der hohe Säuregehalt gart den Fisch leicht an. Gewürzt wird mit Chili, Zwiebeln und Koriander. Ceviche gibt es auch in allen möglichen Variationen mit Meeresfrüchten“, erzählt Kim.
Der Hype um die Fusionsküche in Peru hat auch die eigene Esskultur aus dem Dornröschenschlaf geholt: „Die Fusionsküche und vor allem auch der Starkoch Gastón Acurio haben den Stolz auf die hauseigene Küche geweckt“, berichtet Country Managerin Diana.
Ein Fast-Food Klassiker auf den Straßen Limas sei das traditionelle Gericht Anticuchos, erzählt Kim: „Das sind Fleischspieße aus Rinderherz vom Grill, gewürzt mit Knoblauch, Kümmel, Chilipaste, Zitronensaft, Majoran und Salz.“
Erst Haustier, dann Festessen
Populär im peruanischen Hochland ist hingegen eine eher befremdliche Delikatesse: das in Deutschland oft als Haustier gehaltene Meerschwein. „Bei vielen Restaurants steht das Meerschweinchen auf der Speisekarte, traditionell am Stück gebraten, gebacken oder frittiert. Auf den Tisch kommt es in der Mitte aufgeschnitten und mit Pfötchen nach oben drapiert. Als Beilage gibt es Gemüse“, berichtet Kim.
Das in Peru „Cuy“ genannte Meerschweinchen ist jedoch alles andere als Fast-Food: „Lokale Gemeinden züchten die Tiere, um sie für besondere Anlässe zuzubereiten. Das ist eine komplett andere Beziehung als man in Deutschland z.B. zum Rind oder Schwein hat. Die Familien haben nicht viele Tiere, dafür werden diese sehr umsorgt, denn die Menschen wissen, dass das Meerschwein ihnen den Lebensunterhalt sichert.“
Von einer Wurzelknolle zum Zaubertrank
Eine der neusten kulinarischen Entwicklungen, die unsere Partnerin Kim Lonny und unsere Country Managerin Diana Spehn speziell in Lima ausgemacht haben, ist ein Gesundheitstrend. „Mehr und mehr Bio-Märkte haben in Lima aufgemacht, der Trend geht in Richtung organischer Produkte und damit vor allem hin zu den traditionellen Lebensmitteln, z.B. in Vergessenheit geratene Kartoffelsorten, aber auch Superfoods wie Quinoa und Chia“, beschreibt Kim den neuen Zeitgeist in der peruanischen Esskultur.
Die meisten der heute hippen „Superfoods“ kannten bereits die Vorfahren der Inka. Maca, eine Wurzelknolle, die auf Höhenlagen von ca. 2.000 m gedeiht, wird schon seit zwei Jahrtausenden in den Anden Perus kultiviert. Ebenso die Steinfrucht Lúcuma: Sie galt schon in der Moche-Kultur, die sich im 1. Jahrhundert n. Chr. entwickelte, als Fruchtbarkeitssymbol und findet sich auf zahlreichen Artefakten und Grabinschriften. „Das Fruchtpulver der Lúcuma wird heute gerne für Smoothies und Müslis verwendet. Das angeblich leistungssteigernde Pulver der Wurzelknolle Maca erfreut sich als Zusatz für Getränke wachsender Beliebtheit“, so Kim.
Alle Wege führen nach Lima
Der Genuss, das wussten schon die Inka-Herrscher, hat zwischen den kalten, sauerstoffreichen Küstengewässern und den fruchtbaren Andentälern des heutigen Perus seine Heimat. Um Fisch von der Küste in die Hochebenen der Anden zu transportieren und umgekehrt auch die Küstenregionen mit Kartoffeln, Chilis und Mais zu versorgen, bauten die Inka ein 40.000 m langes Straßennetz.
Heute führen alle kulinarischen Wege nach Lima. In das Restaurant Astrid & Gastón von Chefkoch Acurio, dem gefeierten Wegbereiter des neuen Booms, in das Central mit seiner kulinarischen Reise durch die vielfältigen Ökosysteme Perus, zu Chez Wong mit seiner großartigen Fusionsküche und natürlich an die zahlreichen Straßenstände, deren betörenden Düfte sich langsam in der salzigen Meeresluft verlieren.