Feuerland, arktisches Kleinod am anderen Ende der Welt, fasziniert die Menschen seit jeher. Risikoreiche Exkursionen und waghalsige Abenteurer erkundeten das schwer zugängliche Gebiet. Einer davon war Gunther Plüschow.
Plüschow erforschte in den 1920er Jahren als erster Feuerland vom Flugzeug aus. Seine Flugbegeisterung nahm jedoch ein tragisches Ende. Am 28. Januar 1931 beobachten einige Schafhirten nahe dem Lago Argentino ein Flugzeug, das mit lautem Motorengeräusch hinter den Bergen auftaucht und in einigen hundert Metern Höhe zu trudeln beginnt. Das Flugzeug stürzt ab und überschlägt sich auf dem See. Gunther Plüschow und sein Co-Pilot kommen dabei ums Leben.
“Dies ist mein Feuerland, dies ist mein Traum”
Im November 1927 ist es soweit: Ein zum Forschungsschiff modifizierter Fischkutter bringt Kapitän Plüschow und seine Mannschaft nach Feuerland. Ende Oktober 1928 erreichen sie Punta Arenas. In bewegenden Worten schildert Gunther Plüschow seine erste Begegnung mit dem Land seiner Sehnsucht:
Die Sonne lässt auch alles in so wunderbaren, so märchenhaft schönen Farben leuchten und spielen, mit ganzer Wucht überfällt mich dazu die Stille als beträte ich einen mächtigen Dom. Dies ist mein Feuerland, dies ist mein Traum.
Bis Dezember 1928 baut Plüschow gemeinsam mit seinem Bordingenieur Ernst Dreblow den bis dahin in Kisten verpackten Heinkel-Doppeldecker vom Typ HD 24 W erfolgreich zusammen. Der erste Flug geht in das argentinische Ushuaia. In den folgenden Monaten überfliegen Plüschow und Dreblow als erste Menschen die Darwin-Kordillere auf der Großen Feuerland-Insel, das Kap Horn und die Torres del Paine in Patagonien. Sie sind fasziniert von der überwältigenden Schönheit Patagoniens und bringen von ihren Flügen, oft unter Lebensgefahr, zum ersten Mal Fotos und Filmmaterial mit.
Im Jahr 1929 kehrt Plüschow zurück nach Europa und veröffentlicht sein Buch „Silberkondor über Feuerland“. Sein gleichnamiger Film wird genauso wie das Buch ein großer Erfolg. Das Publikum ist begeistert von den beeindruckenden Landschaften und den noch nie zuvor gesehenen, sensationellen Luftaufnahmen der vereisten Gipfel Feuerlands. Plüschow reist als „Weltentdecker“ mit Film und Buch durch ganz Deutschland.
Wie ein Phönix aus der Asche
Im Juli 1930 bricht Plüschow erneut in Richtung Südamerika auf. Nur begleitet von Flugzeugingenieur Dreblow will er die Andenkordilleren nordwärts bis El Calafate in der argentinischen Provinz Santa Cruz befliegen. Beide wollen letzte weiße Flecken von der Landkarte tilgen und Filmaufnahmen vom Perito Moreno Gletscher machen.
Zunächst gilt es aber die eingelagerte HD 24 wieder ans Laufen zu bekommen. Ratten haben die Holme zerstört, das Flugzeug ist in einem desolaten Zustand. Plüschow und Dreblow gelingt es, die notwendigen Reparaturen durchzuführen. In einem Brief an seine Frau in Berlin schreibt er am 13.11.1930:
„Hurra, hurra, wir sind endlich, endlich mit dem ‚Silberkondor‘ klar […] Daß aus dem Trümmerhaufen, dem Gerümpel, als welches wir das Flugzeug fanden, der ‚Silberkondor‘ nun wie ein Phönix aus der Asche strahlend und hell wieder auferstanden ist, ist das nicht eine sichtbare Gnade des Schicksals?”
In den folgenden Wochen erleben Plüschow und Dreblow herrliches Flugwetter mit atemberaubenden Aussichten. Am 26. Januar 1931 werden sie von einem gefährlichen Luftstrudel erfasst. Das Flugzeug fällt in einen der unzähligen Bergseen. Plüschow und Dreblow gelingt es, sich aus dem Felsenkrater zu befreien und Richtung Lago Argentino zu starten. Beim Landeanflug am 28. Januar 1931, gegen 5.00 Uhr Südzeit, stürzt der Heinkel-Doppeldecker in die eisigen Fluten des Rico-Sees, unweit des Perito Moreno Gletschers.
Die sterblichen Überreste der beiden Flugpioniere werden in ihre Heimat überführt und unter großer Anteilnahme auf dem Friedhof in Berlin-Lichterfelde beigesetzt. Spricht man in Argentinien über zivile Luftfahrt, so verdient Gunther Plüschow stets eine spezielle Erwähnung. Seit seinem Tod wird den Leistungen des Forschers Plüschow in Argentinien und Chile mit Denkmälern und nach ihm benannten Straßen gedacht.