Reisebericht Albanien 17. Juli 2024

Das letzte Geheimnis Europas entdecken

WORLD INSIGHT Reisegast

Neugierig auf das noch wenig bekannte Reiseland, machte sich Christine Peschel auf den Weg nach Albanien und wurde reichlich belohnt.

„Was willst Du denn in Albanien?“ – diese Frage wurde mir im Vorfeld häufig gestellt, wenn ich mein neustes Reiseziel nannte. Ja, was wusste ich denn über Albanien und was bewog mich, in dieses Land zu reisen? Nachdem ich etwas in die Geschichte eingetaucht war, wusste ich, dass ein Diktator namens Hoxha das Land abgeschottet, den Menschen Religion verboten hatte und dass es sozialistisch geprägt war. Beim Durchblättern des Kataloges von WORLD INSIGHT wurde ich zunehmend neugierig – ich wollte „DAS LETZTE GEHEIMNIS EUROPAS“ entdecken, mehr darüber erfahren und das Land, seine Menschen, seine Kultur und seine Natur kennenlernen.

Die Reise begann am 28. September. Nach nur zwei Stunden Flugzeit landeten wir mitten in der Nacht in Tirana, der Hauptstadt. Dort wurden wir von Seni, unserem Reiseleiter, herzlich empfangen. Unsere Gruppe bestand aus 16 Personen im Alter von fast fünfzig bis fast achtzig Jahren. Wie sich herausstellte, waren alle offen, hilfsbereit und entgegenkommend. Der erste Tag begann mit der Besichtigung der Hauptstadt. Wir sahen den Skanderbeg-Platz und tauchten in die quirlige Metropole ein. Viele Menschen sahen wir schon morgens fröhlich plaudernd in Straßencafés oder auf dem Weg zur Arbeit.

 

Eintauchen in Kultur und Geschichte

Wie sich bald herausstellte, hatte Seni seinen Traumberuf als Reiseleiter gefunden. Er erzählte uns viel über die Vergangenheit und die Situation des Landes während der Abschottung. Außerdem kannte er sich hervorragend in der Bibelgeschichte aus. Nach der sogenannten Wende wurden Kirchen und Moscheen wieder als solche genutzt oder neu gebaut. Wir erfuhren auch, dass zwischen 1972 und 1984 während der Ära des Präsidenten Enver Hoxha 173.371 Bunker gebaut wurden. Die größte dieser Bunkeranlagen liegt in einem Berg vor der Hauptstadt. Sie besteht aus fünf Etagen mit über 100 Räumen und ist heute ein Museum. Auf unserer Tour durch das Land sahen wir immer wieder einige dieser Bunker. Viele davon sind überraschend klein und bieten oft nur Platz für höchstens vier Personen.

Die „Stadt der Tausend Fenster“, Berat, gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO. Hier besichtigten wir die Altstadt und die Burganlage. Zum Abschluss des Tages gab es eine Weinprobe. Der Winzer erzählte uns, wie er aus „quasi nichts“ über Jahre ein florierendes Unternehmen geschaffen hat.

 

 

Es folgte gleich ein weiteres Weltkultur- und Weltnaturerbe: Der Ohridsee, einer der ältesten der Erde. Er liegt 695 Meter über dem Meeresspiegel und ist bis zu 288 Meter tief. Wir fuhren dort auch ins Nachbarland Nordmazedonien. Von dieser Seite aus genossen wir großartige Ausblicke auf den See und bekamen eine Führung durch die Altstadt von Ohrid, mit ihrer Festung und den vielen Kirchen.

Auf der Insel Maligrad im Prespasee besuchten wir eine Kirche aus dem 14. Jahrhundert, bevor die Reise weiterging, diesmal in die Studentenstadt Korça. Hier sahen wir die Kathedrale, die Moschee und den berühmten Basar aus der osmanischen Zeit. An diesem Ort machten früher die Karawanen Halt. Der Basar hat leider viel von seiner früheren Tradition verloren; stattdessen gibt es dort heute viele Cafés, Restaurants und Souvenirshops.

 

Wandern im Lengarica Canyon.

Honig-Verkostung und eine Flusswanderung

Unsere Reise ging weiter in die Berge, hoch bis auf 1160 Meter, wo wir auch im Nationalpark wanderten. Mittagessen „wie bei Mutter“ mit albanischen Köstlichkeiten gab es dann zu Hause bei einer örtlichen Familie. Der Besuch einer Imkerei und eine Honig-Verkostung waren etwas Außergewöhnliches: Keiner von uns hatte je an einer solchen Verkostung teilgenommen. Dann kamen wir zum Höhepunkt der Reise (dachte ich zumindest). Nach einer erlebnisreichen Busfahrt über wilde Straßen, durch Schlaglöcher und über Schotterwege erreichten wir das Tagesziel. An dieser Stelle mal ein großes Lob an unseren Busfahrer Miri, der uns souverän durch das Land gefahren hat – durch Baustellen, durch Schafherden, an Kühen und Eseln vorbei. Wir passierten unzählige Serpentinen und Haarnadelkurven, die Berge hoch und wieder runter. Oft hatten wir dabei grandiose Ausblicke. Schon im Vorfeld der Reise hoffte ich, dass es nicht regnen würde und wir durch den Lengarica Canyon würden wandern können. Am Ende hatten wir tatsächlich 16 Tage strahlenden Sonnenschein. Den Eingang der Schlucht ziert die gut erhaltene Steinbrücke Ura e Kadiut aus der osmanischen Zeit. Unsere ganze Gruppe hatte Badeschuhe mitgebracht und so konnte die spektakuläre Flusswanderung beginnen. Immer im Wasser entlang, manchmal knietief, mussten wir aufpassen, dass wir nicht auf den glitschigen Steinen ausrutschten. Links und rechts ragten schroffe Felswände in die Höhe. Wir sahen interessante Gesteinsformationen und Grotten, die durch die Kraft des Wassers ausgehöhlt worden sind. Manchmal mussten wir uns direkt an den zerklüfteten Wänden entlangschlängeln. Hier wurde mir bewusst, wie klein wir Menschen doch sind – und wie gewaltig die Natur. Ich mochte mir die Kräfte der Natur nicht vorstellen, wenn hier nach Regenfällen das Wasser durchrauscht. Nach ca. zwei Kilometern kehrten wir um. Am Eingang der Schlucht wagten sich einige von uns in die schwefelhaltigen Heilquellen.

 

Unvergessliche Momente

Am Abend kamen wir in der Museumsstadt Gjirokastra an, die ebenfalls zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Hier erwartete uns ein deutlicher Kontrast zur Canyon-Wanderung: Kopfsteinpflaster, ein wunderschön erhaltenes historisches Zentrum und ein Basar. In der Altstadt gibt es viele traditionell gebaute Häuser im Stil der sogenannten Balkanarchitektur. Die Dächer werden dabei mit flachen Schiefern oder Steinen gedeckt. Die Fenster sind schmal und hoch. Das galt auch für unser Hotel, von dem aus ich einen großartigen Blick auf die Burg der Stadt hatte. Hier muss ich kurz anmerken, dass ich in diesem Hotel durch Zufall das einzige Zimmer mit Terrasse bekommen habe. Nachdem wir die Burg besichtigt hatten, gab es am Nachmittag einen Abstecher in das Dorf Labovë e Kryqit. Dort steht eine der ältesten orthodoxen Kirchen Albaniens. Diese Marienkirche ist ein Wallfahrtsort und ein wichtiges Bauzeugnis der byzantinischen Kultur in Albanien. Die Anlage wurde im 6. Jahrhundert geweiht; die heute zu besichtigende Bausubstanz stammt aus dem 10. Jahrhundert.

Und weiter ging unsere Reise, diesmal fuhren wir in Richtung Meer. Ein unbedingter Halt musste an der Karstquelle Syri i Kaltër, dem „Blauen Auge“, erfolgen. Nach einem kleinen Fußweg vom Parkplatz aus durch den hügeligen Bergwald kamen wir an und erkannten sofort, wie die Quelle zu ihrem Beinamen gekommen ist: Als wir von der Aussichtsplattform in die Tiefe des Quellbeckens blickten, kam es uns wirklich vor, als blickten wir in ein großes, blaues Auge. Je nach Sonneneinstrahlung verändert sich hier das Schimmern des Wassers von Smaragdgrün bis Türkis am Rande des üppig bewachsenen Ufers. Ein unvergesslicher Anblick!

 

 

An diesem Tag besichtigten wir ein weiteres UNESCO-Weltkulturerbe: die historische Anlage von Butrint, eine der schönsten Ausgrabungsstätten des Mittelmeerraums. Hier beeindruckte Seni uns mit seinem Wissen über die Geschichte der Stätte – von ihrer griechischen Besiedlung bis in die osmanische Zeit. Die vierstündige Wanderung im Nationalpark am nächsten Tag war für mich als Flachlandbewohnerin eine Herausforderung. Es ging mitunter steil bergauf, vorbei an moosbewachsenen Bäumen und riesigen Steinen, über loses Gestein und Schotterwege. Ab und an musste ich stehen bleiben, um die Attraktionen der Natur zu bewundern. Nach zwei Stunden und 400 Höhenmetern hatten wir schließlich unser Ziel erreicht, den Aussichtspunkt Qafa e Thelle. Die Anstrengungen hatten sich gelohnt, denn die Aussicht war unglaublich: auf der einen Seite die Adria, auf der anderen Seite die Berge – einfach fantastisch.

 

 

Anschließend fahren wir nach Shkodra, die alte Hauptstadt. Während des Stadtbummels in Shkodra beeindruckten mich u. a. die Blumenskulpturen aus Waffen und Munition im Stadtpark, die das Friedensdenkmal formen. In dieser Stadt blieben wir nur eine Nacht, in einem traditionellen Hotel mit abendlicher Livemusik und gutem Essen. Natürlich wartete Seni wieder mit Raki auf uns.

 

Die „schönste Fährfahrt der Welt“

Der nächste Tag begann mit einer Fahrt über die Berge Richtung des Koman-Stausees. Auf dieser Strecke gibt es 365 Kurven, streckenweise wieder über Schotter und durch Schlaglöcher hindurch. Aber Miri meisterte das wie immer cool und souverän. Unser Ziel war die Anlegestelle der Fähre. Eigentlich war auf der Fähre kein Platz mehr für unseren Bus, aber in Albanien gelten offenbar andere Regeln: Der Bus fuhr einfach etwas schräg auf die Fähre, die Bugklappe wurde nur ein Stückchen angehoben – und blieb einfach auf, denn auf dem Stausee war nicht mit hohem Wellengang zu rechnen. Mit nur 15 Minuten Verspätung ging es auch schon los. Diese Fahrt war der absolute Höhepunkt der gesamten Reise: Wir fuhren an schroffen, hohen und schlicht atemberaubenden Felswänden vorbei, die auf beiden Seiten emporragten. Überall standen die Touristen und machten Fotos. Zweieinhalb Stunden lang fuhren wir durch die albanischen Fjorde, und alle kamen aus dem Staunen nicht mehr raus. Es war einfach gigantisch! Alle waren ausnahmslos begeistert und beeindruckt von diesem Wunder der Natur. Ich denke, die Behauptung „schönste Fährfahrt der Welt“ stimmt hier hundertprozentig.

 

Eine Bootsfahrt durch die albanischen Fjorde.

 

Unsere Reise neigte sich nun langsam dem Ende entgegen. Wir wanderten noch durch die albanischen Alpen und machten sogar einen kurzen Abstecher nach Kosovo. Hier sahen wir außer dem Städtchen Gjakova auch eine osmanische Steinbogenbrücke aus dem Jahr 1790. Sie ist heute ein Kulturdenkmal. Am letzten Abend gab es ein gemeinsames Dinner. Auf dem Rückweg zum Hotel ließen wir uns von den Albanern über die Freude eines gewonnenen Fußballspiels anstecken. Die Menschen jubelten und die Autos fuhren laut hupend durch die Hauptstadt.

Schließlich aber endete die Reise durch dieses wunderschöne Land der Weltnatur- und Weltkulturerbestätten, grandiosen Landschaften und freundlichen Menschen. Wir waren uns einig: Sie wird uns definitiv im Gedächtnis bleiben und wir werden noch lange davon zehren!

Hier ein Tipp von mir: Flieg hin und schau selbst!

Faleminderit Albania

Danke Albanien

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