WORLD INSIGHT-Country Manager Sandro Nania zog 2009 nach Malaysia. Seinen Lieblingsort entdeckte er erst drei Jahre später: In der unberührten Wildnis am Kinabatangan-Fluss begegnete er Nasenaffen und Zwergelefanten.
Kurz bevor ich in meiner neuen Heimatstadt Kuala Lumpur in Malaysia landete, sah ich aus dem Flugzeugfenster kleine Dörfer zwischen grünen Flecken dicht bewachsener Wälder. Mein Traum in ein exotisches Naturparadies mit unberührtem Regenwald und einer vielfältigen Tierwelt zu ziehen, sollte nun endlich in Erfüllung gehen, freute ich mich.
Kuala Lumpur jedoch zeigte sich weniger exotisch, als ich es mir ausgemalt hatte. Riesige Türme und Wolkenkratzer dominierten die Skyline. Baukräne, die zwischen den Wolkenkratzern emporragten, zeugten von rasantem Wachstum. Das Naturparadies schien weit weg.
Als ich in Malaysia auf Reisen ging, um das Land kennenzulernen, entpuppten sich die grünen Wälder, die ich auf meinen Flug nach Kuala Lumpur gesehen hatte, schnell als Palmöl-Plantagen. Sie waren einfach zu symmetrisch und zu homogen gewesen, als dass es sich um die wirre Pracht unberührter Regenwälder handeln konnte.
Das Naturparadies entdeckte ich schließlich in den dichten Regenwäldern der Nationalparks Mulu und Bako auf Borneo. Auf meinen Reisen begann ich auch die Städte schätzen zu lernen, denn kaum eine war mit Kuala Lumpur zu vergleichen. So etwa das entspannte Kuching: Die Menschen sind dort herzlich, lächeln viel und zeigen eine großartige Gastfreundschaft. Trotzdem fehlte für mich immer noch etwas. Ich vermisste die wilde Tierwelt, die ich mir damals im Flieger ausgemalt hatte.
Seite an Seite mit einem Orang-Utan
Nachdem ich bereits drei Jahre in Malaysia verbracht hatte, reiste ich schließlich nach Sandakan, der zweitgrößten Stadt Sabahs, und von dort aus zum Kinabatangan-Schutzgebiet. Auf dem Weg dorthin stand zunächst ein Besuch des berühmten Sepilok Orang-Utan Rehabilitation Centre auf dem Programm. Als ich während der Fütterungszeit Orang-Utans aus nächster Nähe beobachten konnte, ahnte ich noch nicht, dass ich wenig später die einmalige Möglichkeit bekommen sollte, einen der Menschenaffen beim Verlassen des Rehabilitationszentrum Seite an Seite zu begleiten – ein unvergleichliches Erlebnis!
Nach meiner Ankunft in der Sukau Regenwald Lodge wartete ein Bootstrip auf dem Kinabatangan-Fluss. Ich packte eine Flasche Wasser in meinen Rucksack, säuberte die Linse meiner Kamera und lief zum Steg, an dem ich bereits von meinem Guide erwartet wurde.
Info Kinabatangan
Der Kinabatangan ist Sabahs längster Fluss mit einer Länge von 560 km. 2006 wurde seine Uferregion zum Wildlife Sanctuary erklärt. Die beste Zeit, das Kinabatangan-Schutzgebiet zu besuchen, ist von Februar bis November, wenn der Wasserspiegel des Flusses niedrig ist und der Fluss für die Tiere die einzige Wasserquelle darstellt.
Auf ins Abenteuer Kinabatangan
Wir waren noch nicht weit von der Lodge entfernt, als wir bemerkten, wie sich etwas im Dschungel-Dickicht am Ufer bewegte. Nasenaffen, mindestens 20 von ihnen; ein großes, dominantes Männchen und sein Harem. Wir beobachteten sie für 20 Minuten, wie sie von Ast zu Ast und Baum zu Baum sprangen und sich die Früchte der Feigenbäume schmecken ließen.
Ebenfalls nicht weit von uns entfernt nahmen wir wieder eine Bewegung in den Baumwipfeln wahr. Wir näherten uns vorsichtig mit dem Boot und stießen wieder auf Nasenaffen. Dieses Mal auf ein Junggesellenrudel, wie mir mein Guide erklärte: Freche, junge Männchen bereits im Erwachsenen-Alter, die von dem dominanten Männchen mit seinem Harem verjagt worden waren.
Von Hornvögeln und Zwergelefanten
Wir setzten unseren Bootstrip den Kinabatangan flussaufwärts fort. Scharen von Orienthornvögeln flogen über unsere Köpfe hinweg von Ufer zu Ufer. Auch eine Schar Doppelhornvögel, die zu den größeren ihrer Art zählen, konnten wir erkennen. Plötzlich sah ich einen majestätischen Vogel, der auf einem Ast sitzend den Fluss nach Fischen absuchte – ein Höckerstorch!
Wenig später steuerten wir auf eine Flussbiegung zu, in der hohes Gras wuchs, und mein Guide zeigte auf ein graues, rundlich geformtes Etwas, das sich aus dem Uferwasser erhob. Wir hörten ein lautes Trompeten und ich erkannte eine Herde Zwergelefanten, die sich am Gras satt fraßen. Manche von ihnen badeten im Fluss, vermutlich um sich von der tropischen Hitze abzukühlen.
Als ich auf meine Uhr schaute, war ich ob der zahlreichen Begegnungen überrascht, dass wir gerade erst eine Stunde unterwegs waren. Wir fuhren weiter flussaufwärts und ich suchte mit meinen Augen aufmerksam die Bäume am Ufer nach verdächtigen Bewegungen ab, als der Guide plötzlich auf etwas zeigte, das sich zwischen den Ästen bewegte. Mit unserem Boot näherten wir uns dem Geäst. Es war ein Orang-Utan-Männchen! Wir konnten beobachten wie es sich ein Nest baute, um in den Baumwipfeln für ein paar Tage zu übernachten.
Ein übersehenes Krokodil
Langsam begann die Sonne unterzugehen und es wurde Zeit für das Abendessen. Der Guide wendete das Boot und wir machten uns auf den Weg zurück zur Lodge. Auch auf dem Rückweg stoppten wir immer wieder. Nasenaffen und Hornvögel zogen unsere Aufmerksamkeit auf sich, zudem sahen wir Adler und Langschwanzmakaken.
Auf einer Sandbank ruhte sich ein Salzwasser-Krokodil aus – es war mindestens 4 m lang! Wir hatten das Krokodil auf unserem Weg flussaufwärts wohl übersehen, vielleicht hatte es sich im Fluss Süßwassershrimps zum Abendessen gefangen.
Nach zwei Stunden auf dem Kinabatangan war ich schließlich wieder zurück in meiner Lodge. Ich war überglücklich, endlich auch die außergewöhnliche Tierwelt gefunden zu haben, von der ich träumte.
Ob Nasenaffen, Zwergelefanten oder Orang-Utans: Diese unglaubliche Fülle an Tieren macht den Kinabatangan zu meinem Lieblingsort in Malaysia!