Indonesien 13. Oktober 2016

Inseln der Kontraste

WORLD INSIGHT

Tempel, Vulkane, Menschenaffen und Totenkult: Ein Blick auf die Höhepunkte von Java, Sulawesi, Lombok und Sumatra vermittelt einen Eindruck von der kulturellen und landschaftlichen Vielfalt des weltgrößten Inselstaats.

Wie Perlen auf einer Kette ziehen sich die rund 17.000 Inseln Indonesiens durch den pazifischen Vulkangürtel. Der vulkanische Boden und die fruchtbaren Landschaften prägen das Leben auf den Inseln genauso wie die Einflüsse verschiedener Völker und Nationen. Die Indonesier sind stolz auf ihren kulturellen Reichtum und bezeichnen ihn gern als „Einheit in der Vielfalt“: Hier moderne Städte wie Jakarta, Denpasar oder Medan, dort Völker, die ihre Traditionen wie vor Hunderten von Jahren leben.
Im größten muslimischen Land der Welt ist Toleranz ein hohes Gut. So leben die Anhänger des Islam und anderer Religionen friedlich nebeneinander und sind auch gegenüber Fremden aufgeschlossen. Die vielen verschiedenen kulturellen Einflüsse haben aus Indonesien einen besonders vielfältigen Staat gemacht. Eine Reise durch das “Land der Inseln” ist daher auch immer eine Reise der Kontraste. Das zeigen besonders Java, Sulawesi, Lombok und Sumatra. Wir stellen euch die Eigenheiten dieser vier Inseln des Staates mit der viertgrößten Bevölkerung der Erde vor.

Java – Insel der Tempel und Vulkane

Bromo

Das Tengger-Massiv ist eine geradezu mystische Vulkanlandschaft.

Auf Indonesiens bevölkerungsstärkster Insel können Reisende speiende Vulkane und sagenhafte Tempelanlagen entdecken. Mehr als 130 Millionen Menschen leben hier. Etwa zehn Millionen davon in Jakarta, der Hauptstadt des südasiatischen Landes. Im Beton-Dschungel der Großstadt gibt es einige friedliche Orte zu entdecken, etwa die Altstadt Kota mit ihren stilvoll restaurierten Kolonialbauten oder den Frachtenseglerhafen. Mindestens ebenso faszinierend ist die dichte Vegetation. Die tropische Sundainsel Java ist größtenteils vulkanischen Ursprungs und daher besonders fruchtbar. Mehrere große Vulkane prägen die Landschaft und sind – wenn nicht gerade Regenzeit ist – beliebte Ausflugsziele. Die bekanntesten sind die mehr als 2.000 Meter hohen Merapi, Semeru und Bromo. Die beiden erstgenannten gelten als eine der aktivsten Vulkane der Welt und sind meist schon an ihrer charakteristischen Rauchfahne zu erkennen. Wer mit dem Geländewagen bis zum Kraterrand des Bromo hinauffährt, entdeckt auch den Semeru aus sicherer Entfernung, da beide zum sogenannten Tengger-Massiv gehören.

Yogyakarta

Die Sultanstadt Yogyakarta versprüht mit ihren alten Anlagen einen märchenhaften Zauber.

Geprägt durch seine vielseitige Geschichte ist Indonesien auch kulturell ein spannendes Reiseziel. Eine Besonderheit sind die beiden Sultanate Yogyakarta und Kutei. Ein Bummel durch die alten Anlagen der Sultansstädte versetzt den Besucher schnell in eine Epoche, in der sich der märchenhafte Zauber des Fernen Ostens erhalten hat. Vor den Toren von Yogyakarta liegen zudem die zwei bedeutendsten Tempelanlagen von Zentraljava: Borobudur und Prambanan.
Die kolossale Stufenpyramide Borobudur beeindruckt bereits aus der Ferne und erinnert von außen an einen gemauerten Hügel. Die Anlage besteht aus sechs quadratischen Ebenen, drei kreisförmigen Terrassen und einer zentralen, die Spitze bildenden Stupa. Entstanden ist die sehenswerte Anlage vermutlich zwischen 750 und 850 nach Christus. Als sich das Machtzentrum Javas im 10. und 11. Jahrhundert nach Osten verlagerte, geriet die Anlage in Vergessenheit und wurde von vulkanischer Asche und wuchernder Vegetation begraben. Erst im Jahr 1835 brachten die Europäer sie wieder ans Tageslicht.
Die andere berühmte Tempelanlage in der Nähe von Yogyakarta heißt Prambanan und wurde um das Jahr 850 nach Christus errichtet. Schon bald nach seiner Fertigstellung wurde der Tempel jedoch verlassen und begann zu verfallen. Der Wiederaufbau des Komplexes begann 1918 und ist bis heute in Gang.

Borobudur

Die Anlage Borobudur gilt als eine der größten buddhistischen Tempelanlagen Südostasiens. In Blickrichtung der Buddhastatue erstreckt sich das Kedu-Tal.

Sulawesi – die Orchideen-Insel

Ein weiteres kulturelles Highlight ist die Insel Sulawesi, nordöstlich von Java gelegen. Das erste, was jedoch bei Sulawesi auffällt, ist die seltsame Form der Insel. Wie eine Orchideenblüte öffnet sich das Eiland in mehrere Richtungen. Die bizarre Form führt zu einer Vielzahl sehenswert gekrümmter Buchten und Landstriche. Aber nicht nur für Naturinteressierte ist Sulawesi ein reizvolles Reiseziel. Auch das kulturelle Leben der Insel bietet spannende Erlebnisse.

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Tongkonan heißen diese traditionellen Häuser der Toraja.

Im Bergland nördlich von Makassar inmitten von Dschungel und Nebelwäldern leben die Toraja, die berühmt sind für ihre aufwändigen Beerdigungsrituale. Eine Woche dauert eine solche Zeremonie, bei der die ganze Familie zusammenkommt. Das führt schnell zu einer Großveranstaltung mit mehreren hundert Gästen, tagelangem Programm, verstopften Wegen und einer bunt-chaotischen Atmosphäre. Das große Fest soll den glücklichen Übergang des Verstorbenen ins Paradies sichern. Dutzende Wasserbüffel und Schweine werden dabei geschlachtet. Die Wasserbüffel haben bei den Toraja einen hohen Stellenwert und sind eine sehr geschätzte Opfergabe bei den Beerdigungsfestlichkeiten. Hier gilt: Je heller desto teurer. Die Menge und der Wert der Tiere spiegeln nicht nur den Reichtum der Familien wider, sondern haben auch einen tieferen Sinn. Je mehr Büffel eine Familie zu dem kulturellen Ereignis beisteuert, desto besser wird es den Verstorbenen im Puya, der Nachwelt, gehen. Manchmal kann es deshalb Jahre dauern, bis die Familie das Geld zusammen hat und es zu dieser besonderen Totenzeremonie kommt. In der Zwischenzeit lagern die Toten, fest in Tücher gewickelt und einbalsamiert, im Hinterzimmer des Hauses der Hinterbliebenen bis zur eigentlichen Zeremonie. Die Gräber sind wie eine Gruft direkt in den Fels gemeißelt und werden mit allerlei Beigaben für das Leben nach dem Tod gefüllt. Eine echte Besonderheit sind die Kindergräber von Kambira: Babys, die entweder totgeboren oder gestorben sind, bevor sie Zähne hatten, werden hier im Inneren eines Baumes beerdigt. Dabei wird ein Loch in den Baum geschnitten, das Kind dort hineingelegt und das Loch mit Bambusmatten und Hölzern bedeckt. Im Laufe der Zeit schließt sich das Loch und das Kind wächst mit dem Baum Richtung Unendlichkeit.

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Die saftig grünen Reisterrassen sind nahezu auf jeder Insel Indonesiens zu finden – trotz aller Unterschiede.

Immer wieder trifft man in der lieblichen Landschaft, zwischen fruchtbaren Reisterrassen und Kaffeeplantagen, auf Felsengräber mit typischen Holzfiguren, sogenannten Tau-Taus, den traditionellen Wächtern der Toten. Diese gleichen dem Abbild der Toten und tragen ihre Seelen in sich. Auch die Häuser der Toraja zieren kunstvolle Schnitzereien und die Hörner geopferter Büffel. Je mehr Hörner ein Haus zieren, desto höher ist der Stand des Bewohners innerhalb der Dorfgemeinschaft. Die sogenannten Tongkang-Häuser ähneln einem großen Schiff. Der Legende nach sollen sie an die ersten Schiffe erinnern, die auf Sulawesi angekommen sind. Eines der zahlreichen, noch immer ursprünglich gebliebenen Dörfer der Region, Ke’te Kesu, ist heute Weltkulturerbe.

Lombok – Sitz des Feuergottes

Eine Schnittmenge aus Mystik und atemberaubender Natur bietet die kleine Insel Lombok östlich von Bali. Majestätisch thront dort der Gunung Rinjani. Mit seinen 3.726 m ist er der höchste Berg der Insel und der zweitgrößte Vulkan Indonesiens. Als Teil des gewaltigen Rinjani-Massivs, das mehr als die Hälfte Lomboks einnimmt, bildet seine Vulkanspitze gleichzeitig den Kraterrand für den zauberhaften Kratersee Segara Anak. Inmitten des Sees ist ein weiterer Vulkan entstanden, der Gunung Baru. Im Gegensatz zum Gunung Rinjani ist der kleine Vulkan ständig aktiv. Immer steigt eine Rauchfahne von ihm empor. Der große Rinjani-Vulkan hingegen ist seit 1847 nicht mehr ausgebrochen, zeigt sich durch gelegentliche Erschütterungen aber immer noch aktiv.

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Um den Gunung Rinjani ranken sich zahlreiche Mythen.

Von den Einheimischen wird der Gunung Rinjani auch “heiliger Berg” genannt und als Sitz der Götter verehrt. Bei Vollmond, vor allem im August, pilgern die Einwohner der nahen Ortschaften auf den Vulkan und bringen ihren Gottheiten Opfer dar. Kein Wunder, denn um den Berg ranken sich zahlreiche Legenden. Einer dieser Sagen nach entstand Indonesien im Kampf zwischen zwei Göttern: Dem “Feuergott” gehörten die gesamten Landmassen, von denen sich der “Wassergott” mit seinen Wassermassen langsam Stück für Stück erkämpfte. Die Menschen riefen den Feuergott zu Hilfe, als sich das ganze Land nur noch auf kleine Inseln erstreckte. Ihm gelang es dem Wassergott Einhalt zu gebieten. Nach erfolgreichem Kampf zog er sich schließlich auf den Gipfel des Bergs Rinjani zurück. Um sich vor dem Wassergott zu schützen, nahm er dessen Tochter Segara Anak gefangen – seitdem befindet sich im Krater des Vulkans jener Kratersee. Die Legende besagt weiter, dass sich der Feuergott seine Gefangene zur Frau gemacht habe und mit ihr ein Kind, den Gunung Baru, gezeugt habe, der sich innerhalb des Kratersees emporhebt.

Die Naturlandschaft um den Vulkan ist atemberaubend. Aufgrund seiner enormen Höhe werden die verschiedenen Abschnitte in Vegetationszonen unterteilt, die mit unterschiedlichen Pflanzenwelten aufwarten: Der Fuß des Berges ist üppig grün. Hier wachsen Bambuspflanzen, Bananen und Reisfelder. Etwas höher verändert sich die Vegetation und die Flora wird durch Teakholz und Kiefernwälder bestimmt. Sie bieten Makaken, Wildschweinen, Hirschen und Schlangen einen Lebensraum. Dort wo die Wolken den Vulkan umgeben, beginnt der Nebelwald. Hier ist das Klima sehr feucht und sorgt für eine Umgebung, die dem tropischen Regenwald ähnelt. Die letzte Etappe wird durch offenes Grasland geprägt. Im Krater befinden sich neben dem Kratersee, der vielen Fischen und Wasservögeln ein Zuhause bietet, auch heiße Quellen, in denen gebadet werden kann.

Sumatra – Heimat der letzten Orang-Utans

Im Gunung Leuser-Nationalpark auf Sumatra lebt heute die größte Population an Orang-Utans. Die wohl intelligentesten Menschenaffen gelten als unsere nächsten Verwandten. Doch ihr Überleben ist in Gefahr: Durch die fortschreitende Abholzung des Regenwaldes sind sie seit Jahren vom Aussterben bedroht. Auf Sumatra in Indonesien gibt es daher einige Initiativen zum Schutz der liebenswerten Tiere.

Orang-Utan

Die Orang-Utans sind stark vom Aussterben bedroht. Schutz finden sie etwa in Bohorok, einem eigens eingerichteten Rehabilitationszentrum für die zotteligen Menschenaffen.

Orang-Utans gibt es nur in Südostasien, wo sie auf den Inseln Sumatra und Borneo vorkommen. Der größte Teil lebt in Indonesien, aber man findet sie auch in den malaysischen Gebieten Sabah und Sarawak. Dabei differenziert man zwischen zwei Unterarten: Sumatra-Orang-Utans und Borneo-Orang-Utans. Diese unterscheiden sich nicht nur durch ihren geographischen Lebensraum, sondern auch in ihrem Aussehen: Die auf Sumatra beheimateten Affen besitzen eine andere Tönung der kastanienbraunen Locken und ihnen wächst ein bartähnliches Gesichtshaar. Der Name „Orang-Utan“ kommt aus dem Malaiischen und bedeutet „Mann aus dem Wald“ oder Waldmensch.

Unmittelbar an der Grenze zur Provinz Aceh liegt am gleichnamigen Vulkan der Gunung Leuser-Nationalpark, in dem heute die größte Population von Sumatra-Orang-Utans lebt. Ein Besuch dieses auch landschaftlich einmaligen Parks ist auf jeder Indonesien-Reise ein absolutes Highlight. Neben den Orang-Utans kann man im Park auf andere seltene Tiere treffen, so wie Elefanten, Sumatra-Nashörner und Sumatra-Tiger. Auch weitere Affenarten – insgesamt gibt es acht verschiedene im Nationalpark – lassen sich hier gut beobachten.
Sumatra-Orang-Utans sind tagaktive Waldbewohner. Zur Nachtruhe errichten sie ein Blätternest, das in der Regel nur einmal verwendet wird. Sie klettern langsam mit allen vier Gliedmaßen oder schwingen auf den Ästen. Im Gegensatz zu ihren borneanischen Verwandten kommen sie nur selten auf den Boden. Anders als die afrikanischen Menschenaffen leben Orang-Utans überwiegend einzelgängerisch. Sie sind daher meist allein anzutreffen. Allerdings ist vom Sumatra-Orang-Utan bekannt, dass die Weibchen in einem losen Verbund aus mehreren Tieren zusammenleben. Männchen und Weibchen versuchen, feste Territorien zu etablieren, wobei das Revier des Männchens das mehrerer Weibchen überlappt.

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