Die Karibikinsel Kuba hält mit Traumstränden und bunten Kolonialstädten für Reisende einige Trümpfe in der Hand. Doch was macht das Leben der Menschen in Kuba aus? Von Tanzen, Boxen und Casas Particulares.
Sonne, Salsa und Sozialismus – die größte Karibikinsel, Kuba, weckt mit ihren traumhaft weißen Stränden, satten Zuckerrohrfeldern, subtropischen Urwäldern und dicht bewachsenen Bergmassiven die Lust zu reisen. Bunte Kolonialstädte wie Havanna, Trinidad und Santiago de Cuba erzählen von der bewegten Geschichte der Insel. Überall weht ein Hauch von Revolution durch die Luft und vermischt sich mit der inspirierenden Lebensfreude der Kubaner.
Als Christoph Kolumbus 1492 die kubanische Nordostküste erreicht, ist er überwältigt von der Schönheit Kubas und glaubt, das sagenhafte Goldland Eldorado gefunden zu haben. Von goldenen Zeiten können viele Kubaner heute nur träumen. Trotz Mangelwirtschaft verstehen sie es aber, die kleinen Freuden des Alltags zu genießen: eine Partie Domino in der Sonne, dazu ein Gläschen aguardiente und eine Box, aus der Musik strömt. Wer weiß schon, was morgen passiert? Der kubanische Alltag steckt voller Überraschungen und Kontraste. Gelebter Sozialismus begegnet aufkeimendem Unternehmertum, sowjetische Ersatzteile befinden sich in amerikanischen Oldtimern, eine marode Häuserfassade reiht sich an ein Luxushotel – wunderschön widersprüchliches Kuba. Wer diese Welt betritt, ist fasziniert, erstaunt oder sogar erschreckt, vielleicht auch alles zusammen, aber kalt lässt die Tropeninsel niemanden.
Gibt es DIE Lebensart auf Kuba? Gibt es DEN kubanischen Lifestyle? Wirklich pauschalisieren mag das niemand, doch es gibt diese Dinge, die die Kubaner zusammenschweißen, die sich in den Straßen Havannas ebenso finden wie in den holprigen Pisten zwischen Tabakplantagen und ursprünglichen Dörfern – sie alle machen das Kulturgut Kubas aus. Wir blicken auf rhythmische Tänze, technisch versierte Sportler und in kubanische Kochtöpfe. Außerdem empfehlen wir euch eine Möglichkeit, wie ihr auf Reisen in Kuba mit dieser „Lebensart“ in Berührung kommen könnt.
Den Rhythmus im Blut – Musik und Tanz auf Kuba
Feurige Rhythmen, die die Hüften zum Schwingen bringen – dafür stehen Kuba und das kubanische Lebensgefühl in der ganzen Welt. Jeder kennt die typischen Szenen aus Spielfilmen oder Werbespots: die Sonne scheint, die Türen einer mit Holz verzierten Bar sind weit geöffnet, ein paar Musiker in aufgeknöpften weißen Hemden spielen am Straßenrand und dazu wird getanzt, mitten auf der Straße, am helllichten Tag.
Das stets bemühte Bild kubanischer Lebensfreude ist nicht bloß ein Klischee. Tatsächlich wird in Dörfern und Städten an vielen Ecken musiziert und getanzt. Was gespielt wird, klingt bekannt. Es sind Rhythmen, die um die ganze Welt gingen und in Kuba ihren Ursprung haben: Mambo, Rumba, Cha-Cha-Cha, Son und Salsa sind nur einige Vertreter des typisch kubanischen Sounds. Alle großen Tänze Lateinamerikas haben ihre Wurzeln auf der Zuckerinsel. Von hier aus haben sie die Welt erobert, hier leben sie fort und werden bei jedem Tanz ein klein wenig neu erfunden.
Verschmelzung der Musikkulturen
Musik und Tanz sind in der kubanischen Gesellschaft tief verankert. Schon in der Schulzeit lernen Kinder die bekanntesten Tänze, viele spielen ein Instrument. Tanzkurse sind bis ins hohe Alter beliebt und werden gern besucht. So verwundert es nicht, dass eigentlich immer und überall irgendwer tanzt. Die Kubaner zieht es auf die Straße. Jemand reicht eine Rumflasche herum, einer dreht die Box auf oder trommelt ein paar Takte und dann tanzt schon das erste Paar. Der Einfluss kubanischer Musik ist groß: Ohne sie gäbe es weder die New Yorker Salsa-Szene noch den Latin-Rock eines Carlos Santana.
Auch wenn die ganze Karibik zu Recht als Schmelztiegel gilt – Kuba spielt eine besondere Rolle. Nirgendwo sonst gibt es eine derartige Verschmelzung unterschiedlicher Musikkulturen: Die Kubaner sind Nachfahren afrikanischer Sklaven, spanischer Eroberer und europäischer Einwanderer. Dazu kommen amerikanische Elemente und Einflüsse aus dem umliegenden Lateinamerika. In immer neuen Mischverhältnissen entstand eine ungeheure Vielfalt musikalischer Ausdrucksformen. Dieser Prozess ist heute nicht beendet: Die kubanischen Kids nehmen neue Tendenzen (meist aus Amerika) auf, um sie kreativ mit der eigenen Musik zu verbinden. Für kritische Stimmen bietet die Musik eine wichtige Plattform. Musiker wie die kubanische Gruppe Aldeanos verpacken ihre Regimekritik in mitreißende Verse.
Kleines Lexikon der bekanntesten Tänze Kubas
Son Cubano
Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts reichen die historischen Wurzeln des Son Cubano. Durch die Verschmelzung von afro-kubanischen Trommelrhythmen mit der Gitarrenmusik spanischer Farmer entstand der Vorläufer der Salsa. Der Son Cubano gilt als Ursprung der typisch kubanischen Tänze. Neben dem Salsa sind aus ihm bedeutende lateinamerikanische Musikstile und die Standardtänze Rumba und Mambo hervorgegangen.
Salsa
Wie die Salsa-Musik ist auch der dazugehörige Tanz eine Verbindung afrokaribischer und europäischer Tanzstile. Die Ursprünge stammen aus dem englischen Kontratanz des 17. Jahrhunderts. Die kubanische Salsa ist im Gegensatz zu anderen Ausprägungen eher spielerisch, rhythmisch und hat keine klare Ausrichtung. Das wesentliche Merkmal sind die Drehungen des Tanzpaares um einen gemeinsamen Mittelpunkt. Die Frau wird vom Partner fast nie losgelassen, was ihr relativ wenig Spielraum für eigene Interpretationen lässt. Trotzdem ist die kubanische Salsa alles andere als engstirnig. Improvisation und eine weniger strenge Figurensprache prägen den Tanz.
Rumba
Der besondere Charakter der Rumba liegt im Wechselspiel zwischen Mann und Frau. In einer gut getanzten Rumba wird intensiv umeinander geworben; im künstlerischen Kontrast dazu werden beide Partner ab und zu fahnenflüchtig und müssen vom anderen zur Rückkehr gelockt werden. Im Vordergrund steht die nonverbale Kommunikation zwischen Mann und Frau. Rumba wurde vom World Dance Council zum Tanz des Jahres 2013 erklärt.
Mambo
Im Jahr 1930 hat sich der Mambo auf Kuba entwickelt. Zum ersten Mal verwendet wurde der Name „Mambo“ im Jahr 1931 als Titel eines Danzón-Musikstückes von Oreste López. Der erste wirkliche Mambo stammt jedoch von Dámaso Pérez Prado. Er nahm den Instrumentalteil des Mantuno und strich die Elemente des Ritmo-Nuevo heraus. Dadurch erlangte er zusätzliche Gestaltungsfreiheit. Mambo wird mit durchschnittlich 45 Takten in der Minute getanzt. Der synkopierte Stil führt zu der typischen Hüftbewegung, die im Gegensatz zur Salsa stark betont wird.
Danzón
Die Ursprünge des Danzón liegen im französischen Contredanse, der seinerseits im 17. Jahrhundert aus dem englischen Country Dance hervorgegangen ist. Beim Aufstand gegen die französische Kolonialmacht 1791 auf Haiti flüchteten viele schwarze Landarbeiter auf die Nachbarinsel Kuba und brachten so auch den Danzón mit. Die Bewegungen im Danzón sind ruhig, elegant und ausdrucksstark, ähnlich wie im Tango. Das Finale endet häufig mit einem leicht beschleunigten Abschluss.
Tango
Auch der in erster Linie mit Argentinien identifizierte Tango wurde auf Kuba getanzt. Musikhistoriker vermuten eine enge Verbindung der frühen Tangos mit der Habanera, die gelegentlich auch Tango Americano genannt wird. Es gibt in La Habana einen Tangosalon, in dem auch ausländische Tangotänzer herzlich willkommen sind.
Habanera
Dieser langsame, mit dem Tango verwandte Tanz stammt aus Kubas Hauptstadt Havanna. Er wurde im frühen 19. Jahrhundert aus den europäischen Kontertänzen entwickelt. Gewöhnlich wird seine Entstehung auf ca. 1825 angesetzt. Ab 1850 hatte die Habanera in Spanien bereits eine große Beliebtheit erreicht. Ein noch heute populäres Beispiel für eine Habanera ist die gleichnamige Arie in der bekannten Oper „Carmen“ von Georges Bizet.
Cha-Cha-Cha
Der Cha-Cha-Cha ist ein beschwingter, sorgloser Tanz, der in den 1950er Jahren aus dem Mambo hervorging. Der aus Pinar del Rió stammende Geiger Enrique Jorrin hatte vor seine Mambos eine Art Zwischenmusik gesetzt, auf die die Tänzer mit bestimmten Schritten reagierten – und damit den Cha-Cha-Cha begründeten. Der Name leitet sich von den rhythmischen Geräuschen der schlürfenden Schuhe ab, die die Tänzer beim Ausprobieren der neuen Schritte erzeugten.
Volkssport Boxen – Kubas stärkste Sportler
Seit Stunden schon steht die Sonne hoch über den Dächern von Havanna. Trotz der Hitze pulsiert das Leben in der Altstadt der Karibikmetropole. Eine kleine Gruppe kubanischer Jungen im Alter zwischen 10 und 12 Jahren joggt an der Straße entlang. Im quirligen Stadtleben fallen sie nicht weiter auf. Wie jeden Tag trainieren die Nachwuchsboxer mitten in der Stadt. Die Kubaner sind an die Gruppen junger Männer gewöhnt, die durch die Parks oder am Meer entlang joggen. Boxen ist in Kuba Volkssport. Schon in jungen Jahren besuchen ambitionierte Nachwuchsboxer die großen und kleinen Boxschulen im Land.
Der Stellenwert der Boxer in der kubanischen Gesellschaft ist anders als in Deutschland: Boxer gelten hier nicht als rabiate Schläger, sondern als Sportler mit hohem technischem Geschick. Der Respekt ist groß. Seit den Erfolgen von Gerardo „Kid Gavilan“ Gonzalez, Benny Paret und Eligio „Kid Chocolate“ Sardinas in den 1950er und 1960er Jahren gehören kubanische Boxer zu den besten der Welt.
Sportnation Kuba
Sport spielt durchweg eine große Rolle auf Kuba. Die Einheimischen sind stolz auf die Erfolge der eigenen Sportler. Bei den seit 1951 stattfindenden Panamerikanischen Spielen ist Kuba nach den USA die zweiterfolgreichste Nation, deutlich vor Kanada, Argentinien und Brasilien. Auch im ewigen Medaillenspiegel der olympischen Spiele steht Kuba auf einem respektablen 20. Platz – und das immerhin vor einer großen Sportnation wie Spanien.
An den Stellenwert der beiden beliebtesten Sportarten, Baseball und Boxen, kommen die anderen Sportarten allerdings nicht heran. Auch wenn kubanische Sportler in der Leichtathletik, beim Volleyball und vielen anderen Sportarten große Erfolge feiern konnten, Boxen und Baseball sind Kult.
Mit der Revolution änderte sich die Organisation des Sports in Kuba. Seitdem plant und steuert das Nationale Institut für Körperkultur, Sport und Erholung (Instituto Nacional Deportes Educación Fisica y Recreación, kurz INDER) den kubanischen Sportbetrieb. 1961 wurde auch das Profiboxen von der neuen Regierung verboten. Als Reaktion entwickelte sich eine lebhafte und sportlich starke Amateurszene, die bereits in den ersten Jahren nach der Revolution zahlreiche internationale Erfolge verzeichnen konnte.
Bei den Zentralamerikanischen Spielen 1962 belegte Kuba Platz eins im Boxen. In den nächsten Jahren und Jahrzehnten konnten sich kubanische Boxer eine dominante Stellung in allen wichtigen internationalen Amateur-Wettbewerben erkämpfen. Diese Dominanz zeigte sich auch bei den Olympischen Spielen: Zehn Medaillen, davon sechs goldene, gewann Kuba 1980 in Moskau, in Barcelona 1992 sogar sieben Gold- und zwei Silbermedaillen. Heute ist Kuba das einzige Land, das sich mit gleich zwei dreifachen Olympiasiegern rühmen darf: Teófilo Stevenson (1972, 1976, 1980) und Félix Savón (1992, 1996, 2000). Auch bei den Olympischen Spielen 2012 in London waren kubanische Boxer erfolgreich: Roniel Iglesias und Robeisy Ramírez gewannen Gold, Lázaro Álvarez und Yasniel Toledo jeweils Bronze.
Rückkehr zum Profisport?
Anfang 2013 wurde die Boxwelt von der Schlagzeile „Profiboxen auf Kuba wieder erlaubt“ überrascht. Nach mehr als 50 Jahren öffnet sich Kuba der semiprofessionellen Liga „World Series of Boxing“ (WSB) des Internationalen Amateurbox-Verbandes AIBA, in der für Geld und ohne Kopfschutz und Trikot gekämpft wird. Die bisherigen Profiverbände WBA, IBF, WBO und WBC bleiben dagegen weiterhin Tabu.
Der (Wieder-)Einstieg Kubas in den professionellen Boxsport wurde als Reaktion auf die schlechte finanzielle Lage des nationalen Boxverbandes gedeutet. Geld ist im kubanischen Sportsystem ausgesprochen knapp und die Versorgung der Athleten anders als früher deutlich sparsamer. Verdiente Boxer wie Robeisy Ramírez und Roniel Iglesias erhalten nicht mehr automatisch ein Haus und ein Auto vom kubanischen Staat, wie es noch für frühere Champions üblich war.
Auch die Flucht erfolgreicher Boxer ins Ausland, unter ihnen die Olympiasieger Yan Bartelemí und Odlanier Solís, haben den Kubanischen Boxverband wohl zum Umdenken gebracht. Ob das erkämpfte Boxgeld allerdings nun direkt an die Boxer fließen wird oder im Boxverband verbleibt, ist unklar.
Kulinarisches Kuba
Die kubanische Küche ist sicher nicht weltberühmt, hat aber dennoch ihre Reize. Fleisch und Fisch sind Mangelware, je nach Wirtschaftslage auch andere Lebensmittel. Wer in kleineren Restaurants zu Gast ist, muss damit rechnen, dass nicht alles, was auf der Karte steht, auch serviert werden kann. Typisch für die Kubaner, haben sie aus der Not eine Tugend gemacht: Aus ganz einfachen Zutaten zaubern sie eine schmackhafte Gesamtkomposition.
Vielfältige kulturelle Einflüsse machen sich in den Kochtöpfen der Karibikinsel bemerkbar. Der Westen Kubas ist vor allem von der spanischen Küche geprägt, was sich in Gerichten wie der „tortilla de papa“ (Omelett aus Kartoffeln) und „empanadas“ (gefüllte Teigtaschen) widerspiegelt. In Havanna ist Fingerfood sehr beliebt, besonders gern essen die Hauptstädter „niños envueltos“ („verhüllte Kinder“). Dabei handelt es sich natürlich nicht um Kinder, sondern um Rindfleisch, das mit einer Mischung aus Oliven, Rosinen und Kapern gefüllt und mit einer Pfeffersoße serviert wird.
Im Osten der Insel sind vor allem die afrikanischen und karibischen Einflüsse spürbar. Die Grundlage der meisten Gerichte ist ein Mix aus Reis und Bohnen, z. B. „moros y cristianos“ („Mauren und Christen“), ein Brei aus Reis und schwarzen Bohnen, der als Beilage gereicht wird. Ein anderes beliebtes Gericht ist „ropa vieja“ („alte Kleidung“): Bei der Zubereitung dieser Speise wird gehacktes Rinderfleisch lange in einer kreolischen Tomatensoße gegart.
Der Nachtisch auf Kuba ist meist sehr süß. Anders als die meisten Lebensmittel ist Zucker keine Mangelware. So werden Süßspeisen wie „flan“ (Crème Caramel) und „natilla“ (Vanillepudding) großzügig damit versehen. Eine Spezialität Baracoas ist „cucurucho“, eine Mischung aus Kokosraspeln, Honig und pürierten Früchten, die in Palmblätter gewickelt serviert wird. Bei heißen Temperaturen bietet ein „helado“ (Eis), das die Kubaner so lieben, eine willkommene Abkühlung.
Das Nationalgetränk der Zuckerinsel ist der Rum. Den weltweit bekannten Schnaps verdankt Kuba einem Europäer: Christoph Kolumbus. Er brachte die Zuckerrohrpflanze auf die Karibikinsel, aus der das hochprozentige Getränk gewonnen wird. Mitte des 19. Jahrhunderts florierte die Zuckerproduktion und kurbelte damit die Rumherstellung an. Markennamen wie Bacardí und Havana Club waren schnell in aller Munde. Die kurz gelagerten Sorten wie Silver Dry oder Carta Blanca werden zum Mixen von Cocktails wie dem berühmten Mojito verwendet, während die älteren Sorten von fünf Jahren oder mehr Lagerzeit gerne pur getrunken werden.
Die libreta – ein ständiger Begleiter
Wer als Tourist auf Kuba unterwegs ist, bekommt meist nur am Rande mit, wie knapp die Versorgungslage auf der Karibik-Insel ist. Einheimische witzeln: „Das Huhn ist unser Fisch.“ Eigentlich sollte es Fisch in Hülle und Fülle geben, er landet jedoch selten auf den Tellern kubanischer Familien, weil die Mehrheit an große Restaurants und Hotels geliefert wird.
Kaum ein Reisender hat je eine Bodega betreten, jene Läden, in denen die Einheimischen unter Vorlage eines kleinen Bezugsbüchleins subventionierte Grundnahrungsmittel erhalten. Dieses Büchlein nennt sich „libreta“ und ist für viele ein ständiger Begleiter. Die monatliche Bezugsmenge eines jeden Kubaners ist genau festgelegt, die genauen Mengen und Lebensmittel variieren jedoch je nach Alter und Geschlecht. Kindern unter 7 Jahren steht beispielsweise täglich 1 Liter Milch zu. Besondere Bestimmungen gelten auch für Schwangere, Kranke und alte Menschen. Neben elementaren Lebensmitteln werden auch Hygieneartikel und Kleidung über die libreta verteilt. Jedem Kubaner stehen monatlich u. a. die folgenden Dinge zu (Stand 2011):
3,5 kg Reis
2,5 kg Zucker
250 g Bohnen
230 g Öl
10 Eier
460 g Hühnerfleisch
115 g Kaffee
Das System der Lebensmittelrationierung wurde 1962 von Fidel Castro aufgrund von Engpässen in der Versorgung eingeführt und wird von seinem aktuell regierenden Bruder Raúl stringent weitergeführt. Es sollte den Grundbedarf jedes Kubaners unabhängig von seinem Einkommen und seiner Lebenssituation decken. Eigentlich war die libreta nur als Übergangslösung gedacht. Ihre Abschaffung wurde schon häufig angekündigt, aber aus Mangel an Alternativen sah man bisher davon ab. Die Kritiker des Verteilungssystems prangern seine Ungerechtigkeit und Ineffizienz an: Der arme Teil der Bevölkerung könne nicht davon leben, Reiche würden unnötigerweise subventioniert. Außerdem bedeute die libreta viel Bürokratie und führe zu Korruption und Schwarzhandel. Fakt ist, dass viele Kubaner auf dieses Bezugssystem angewiesen sind.
Das Lebensgefühl Kubas in Casas Particulares
Wer auf Kuba möglichst authentisch reisen, Einheimische kennenlernen und in den kubanischen Alltag eintauchen möchte, der zieht die familiären Casas Particulares den anonymen Hotelkomplexen vor. Hier finden sich Lebensfreude, Gemütlichkeit und die ungeschminkte Schönheit Kubas wieder.
Casas Particulares sind private, familiär gehaltene Unterkünfte. Einheimische vermieten Zimmer in ihren Wohnhäusern an Gäste. Dort lebt es sich sehr kubanisch: Häuser und Einrichtung sind fast schon kitschig bunt und die Zimmer mit Figuren dekoriert. So entsteht eine sehr entspannte Atmosphäre und wer mag, macht es sich auf der Veranda oder im Garten gemütlich.
Im Zusammenhang mit dem Aufkeimen der Casas Particulares ist es wichtig zu wissen, dass es auf Kuba zwei Währungen gibt: zum einen den Kubanischen Peso, auch „moneda nacional“ genannt, zum anderen den Peso Convertible (CUC). Den Kubanischen Peso erhalten die Einheimischen für ihre Arbeit. Er ist das allgemeine Zahlungsmittel beim Bäcker, auf dem Markt, im Kiosk oder im Café. Waren wie Kleidung oder Hygieneartikel sind im sozialistischen Kuba jedoch knapp, auch wenn sich das Land mittlerweile ein wenig der Marktwirtschaft geöffnet hat. Mit dem Peso Convertible (CUC), als Alternative zum US-Dollar (1 CUC = 1 $), können ebendiese höherwertigen Konsumartikel erstanden werden. Der CUC wird über den Tourismus in Umlauf gebracht: Taxis, Busse, Hotels und Unterkünfte können von Touristen ausschließlich mit dem CUC bezahlt werden. Casas Particulares stellen daher für die Kubaner eine gute Möglichkeit dar, an den CUC als Zahlungsmittel für Kleidung oder Hygieneartikel zu gelangen.
Auf den WORLD INSIGHT-Kubareisen erleben wir die Casas Particulares beispielsweise in Viñales. Hier kann man Bauern auf einer Tabakplantage bei der Arbeit beobachten, während sich im Hintergrund die Silhouette der ungewöhnlichen Mogotes-Berge abzeichnet. Wir befinden uns mitten im kubanischen Alltag und erleben den wahren Charme Kubas abseits der Touristenpfade: Es bieten sich nette Gelegenheiten, um mit Einheimischen ins Gespräch zu kommen, denn es sind die ganz normalen Wohnviertel, in denen sich die Casas Particulares befinden. Vielleicht erzählt euch euer Gastgeber von seinem Lieblingsboxer oder ihr kommt in den Genuss kubanischer Livemusik? Ganz sicher aber werdet ihr mit typisch kubanischer Kost verwöhnt. So sind Casas Particulares vor allem eines: authentisch kubanisch!