Reisebericht Armenien 8. August 2024

Armenien: Reise durch Geschichte, Kultur und Natur

WORLD INSIGHT Reisegast

Auf seiner Reise erlebte Manfred Schnitzer herzliche Gastfreundschaft und die Vielfalt der armenischen Architektur, Historie und Natur.

Wenn man im Laufe seines Lebens bereits an die sechzig Länder kennengelernt hat, fällt es wohl nicht ganz so leicht, für eine Reise eine in jeder Hinsicht äußerst positive Bewertung ab­zugeben, da die Euphorie, die man bei neuen Eindrücken oft empfindet, durch eine gewisse Gewöhnung tendenziell leicht abnimmt. Im Fall von Armenien ist das anders! Man spürt die unvergleichliche Mischung aus weltoffenen Menschen, einer überaus dramatischen Ge­schich­te sowie von einzigartiger Kultur an jedem Tag neu und lässt sich auf diese Weise gerne ge­fangen nehmen.

Blickt man auf die Reiseroute, so wird man feststellen, dass sie zunächst dem auch von anderen Agenturen angebotenen Streckenverlauf entspricht: Der Sakralbau von Zvar­tos, die Kathedrale von Etschmiadsin, die Kirche St. Hripsime sowie der Besuch der Brandy­fabrik ge­hören wohl zum Be­sichtigungskanon jedes Besuchs in Armenien. Der Vorzug, der von uns ge­buchten Reise lag, unter anderem in genügend Zeit, um die meisten innerstädtischen Sehens­wür­digkeiten Jerewans in Augenschein zu nehmen. Zwei Programmpunkte sind ebenfalls hervorzuheben und sie waren in ihrer Eindrück­lich­­keit auch für uns eine große Überraschung: Die Handschriftensammlung Mate­nadaran ist ein Schatz, der über Jahrhunderte hinweg gehütet wurde, sodass er tatsächlich von Kriegen, Zer­störungen und Plünde­rungen weitge­hend be­wahrt werden konnte. Rund 17.000 Dokumente sind in dieser Sammlung aufbewahrt und sie repräsentieren auf anschauliche Weise die natio­nale Identität Armeniens. Das andere Beispiel ist das Genozidmuseum, ein Mahnmal für die gesamte Menschheit und eigentlich nur mit den Erinnerungsstätten der NS-Vernichtungsmaschine zu vergleichen.

 

Das Höhlendorf Khndzoresk.

Neue Perspektiven

Eine zweiwöchige Reise nach Armenien vermittelt viel von dem, was man während der Schulzeit im Geschichtsunterricht leider nicht gelernt hat. Man erfährt eine ganz neue Perspektive, fernab des üblichen Eurozentrismus im engeren Sinn. Natürlich hat man schon irgendwo erfahren, dass Armenien – und zwar im Jahr 301 – das erste Land der Welt war, welches das Christentum zur Staatsreligion gemacht hat. Die Tatsache, dass in der langen Reihe der Oberhäupter dieser Kirche im Zeitraum 43 bis 68 nach Christus zwei Apostel – nämlich Thaddäus und Bartholomäus – geführt werden, überrascht einen dann doch ein wenig. Während der Reise besucht man etwa ein Dutzend Kirchen und Klöster, manche davon schön restauriert, andere wiederum im Zustand einer Ruine.

Man spürt an jedem dieser Orte die Einzigartigkeit, sowohl aufgrund der jeweiligen Lage als auch der historisch bestimmten Form der Architektur. Besonders deutlich wird das am Beispiel des Tempels Zvartnots, einem Rundbau aus dem 7. Jhd., der nur 300 Jahre später wieder zerstört wurde. Was dem Reisenden immer wieder auffällt, ist die grundlegende Schlichtheit der Gebäude, aber die beeindruckende Vielfalt an Flachreliefs an den Fassaden und in den Innenräumen der Kirchen. Eine armenische Sonderform der Steinmetzkunst ist der Chatschkar, der für das Land so charakteristische Kreuzstein. Einige hundert dieser wunderschön geschmückten und bis zu drei Meter hohen Steinplatten begegnen einem beim mittelalterlichen Gräberfeld von Noratus, wobei einige davon ganze Bildergeschichten erzählen.

Eine Reise, welche unter anderem in die Geschichte Armenien führt, muss jedoch auch die vor­christliche Zeit berücksichtigen. Das aus der Bronzezeit stammende, sogenannte „armenische Stonehenge“ von Karahunj haben wir anlässlich einer Wanderung zum Wasserfall bei Vorotan kennengelernt. Eine Erfahrung, die wir allen an Archäologie Interessierten ans Herz legen möch­ten (die jedoch zumindest derzeit noch nicht im Programm enthalten ist), wäre ein Besuch der aus dem 8. vorchristlichen Jahrhundert stammenden, urartäischen Siedlung von Erebuni, die übrigens vom Zentrum von Jerewan aus leicht mit dem Taxi erreichbar ist. Man sollte jedoch genug Zeit einplanen, um auch das angeschlossene Museum besuchen zu können.

Was uns im Rahmen dieser Reise noch besonders aufgefallen ist: Sämtliche der Wanderungen (sei es in Khndzosek, am Selim-Pass, zum Wasserfall von Vorotan oder anderswo) waren landschaftlich wunderschön und konnten, da es nicht um sportliche Höchstleistungen ging, sondern dem sogenannten Botaniker-Tempo gefolgt wurde, auch wirklich genossen werden. Auch in diesem Sinn nochmals ein großes Dankeschön an Armine, die in uns den Wunsch geweckt hat, Armenien irgendwann einmal, bestmöglich in ihrer Begleitung, wiederzusehen.

 

Der mystische Sevansee

 

All denjenigen, die für den Besuch des Landes über zu wenig Zeit verfügen, entgeht Folgendes: Die prähistorische Kultstätte von Karahunj, die Wanderung im Hochland nahe des Selim-Passes, aber vor allem die diversen Attraktionen am Rande des Sevansees, wie etwa der Friedhof von Noratus oder die Klöster Hajravank und Sevanawank.  Der Sevansee erscheint mystisch und einzigartig und ist für die armenische Nation von ganz besonderer Bedeutung: Jahrhundertelang definierte sich das Land als Gebiet, das zwischen drei Seen liegt. Von diesen drei sind jedoch zwei im Laufe der Zeit verloren gegangen, nämlich der Van-See (heute in der Türkei) und der Urmia-See (heute im Iran gelegen). Der Sevansee ist – wie der heute in der Türkei gelegene Berg Ararat – ein wichtiges nationales Symbol Armeniens und möglicherweise eine ökologisch nachhaltige Erfolgsgeschichte. Auf Grund der Übernutzung des Wassers in der Zeit der Sowjetunion sank der Wasserspiegel im Verlauf des 20. Jahrhunderts um 22 Meter. Nach dieser Katastrophe konnten jedoch mittlerweile durch Maßnahmen eines gezielten Ressourcenmanagements wieder ein paar Meter zurückge­wonnen werden.

 

Unvergessliche Höhepunkte der Reise

Einer der vielen Höhepunkte dieser Reise war neben der Lage der Stadt Dilijan und dem Kloster Goschavank vor allem die herrlich grüne Landschaft von Jenokavan. Man kann nur allen Besuchern wünschen, dass ihnen besseres Wetter zugutekommt, als wir es hatten.

Eindrücke von einem Markt in Jerewan.

Sämtliche der übrigen Attraktionen, die wir in den letzten Tagen unseres Aufenthalts in Ar­menien kennenlernen durften, haben uns restlos begeistert: Das nach einem Erdbeben wie­dererstandene Gjumri, die Festung Amberd, die Klöster Saghmossavank und Gegard sowie – als besondere Überraschung – der hellenistische Sonnentempel Garni sind einzigartig und bleiben unvergesslich.

Noch eine Beobachtung, die wir zukünftigen Reisenden gerne ans Herz legen. Auf den Märkten der Städte und Dörfer gibt es ein gutes und interessantes Angebot. Die Restaurants – auch entlang der nationalen Fernstraßen – bieten eine hervorragende Küche. Und kein Tourist sollte von Jerewan aus nach Hause fahren, ohne vorher den Kunsthandwerksmarkt Vernissage besucht und nach Andenken und Mitbringsel Ausschau gehalten zu haben.

Wir können diese Reise allen interessierten KundInnen von WORLD INSIGHT nur wärmstens empfehlen. Die Reiseroute, die Schwerpunktsetzung, die Organisation, besonders jedoch die liebevolle, engagierte und äußerst kompetente Betreu­ung durch unsere Reiseführerin Armine Apresyan waren nahezu perfekt. Zum Gelingen einer Reise sehr wichtig sind natürlich die Mitreisenden: Unsere kleine Gruppe hat perfekt funktioniert und jede(r) Einzelne hat auch dazu beigetragen, eine ange­nehme At­mosphäre zu schaffen.

Ein Tipp noch für all jene, die sich für die Länder des Kaukasus interessieren: Wir haben zuvor auch einige Zeit darüber nachgedacht, eventuell eine Kombinationsreise zu buchen, uns dann aber doch da­für entschieden, Armenien und Georgien unabhängig voneinander und im Ab­stand von meh­reren Monaten zu bereisen. Unser Kalkül war völlig richtig: Man hat mehr Zeit, ist nicht so ge­hetzt und kann sich besser auf die jeweilige Einzigartigkeit der beiden Länder konzentrieren!

 

Blick auf den kleinen und großen Ararat.

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