Traumhafte Küstenlandschaften, reizende historische Städte und kurze Distanzen machen die drei baltischen Länder zu einem angenehmen Ziel. Und doch sind sie alle verschieden, denn ein jedes hat seine eigenen Vorzüge.
Der Eindruck ist trügerisch: So viel die drei baltischen Staaten auch verbindet, so unterschiedlich sind sie. Mit einer jeweils eigenen Sprache, Kultur und Geschichte hat jeder Staat eine Menge zu bieten: Die historischen Hauptstädte Vilnius, Riga und Tallinn bieten mit ihren lebhaften Kulturszenen, den alten Schlössern, Burgen und barocken Kirchen ein aufregendes Stadterlebnis. Auf dem Land sind viele Gutshöfe und mittelalterliche Provinzstädtchen einen Abstecher wert. Daneben laden die wilde Ostseeküste und herrliche See- und Flusslandschaften zu Badevergnügen und Touren per Kajak, zu Fuß oder auf dem Fahrrad ein. Wir stellen sechs Orte vor, die man auf einer Baltikum-Reise unbedingt gesehen habe sollte!
Vilnius – das „Rom des Ostens“
Ausgangspunkt vieler Reisen durch das Baltikum ist Vilnius, die alte Hauptstadt Litauens. Mit fast 550.000 Einwohnern ist die Stadt an der Vilna auch die größte des Landes. Im Gegensatz zu den Hauptstädten der baltischen Nachbarländer Lettland und Estland wurde Vilnius nie vom Deutschen Orden kontrolliert und konnte daher viel von seiner baltischen Ursprünglichkeit bis heute bewahren.
Das Stadtbild ist sehenswert: Ab dem 16. Jahrhundert schufen italienische Baumeister zahlreiche barocke Bauwerke. Kein Wunder, dass die Altstadt von Vilnius heute zum Weltkulturerbe der UNESCO gehört. Das Zentrum wird geprägt durch über 50 Kirchen, weshalb die Stadt auch den Beinamen „Rom des Ostens“ trägt. Von fast jedem Ort sieht man mindestens vier Kirchtürme. Neben den sehenswerten Kirchen und der klassischen Altstadt sollte man aber auch dem städtischen Wahrzeichen einen Besuch abstatten: Die Ruine der Burg von Gediminas auf dem gleichnamigen Hügel stammt aus dem 14. und 15. Jahrhundert und wurde bis 2011 aufwendig restauriert.
Nida und die Kurische Nehrung
Die litauische Ostseeküste ist landschaftlich besonders reizvoll. Insbesondere die Kurische Nehrung gilt als eine der schönsten Küstenlandschaften ganz Europas. Dabei handelt es sich um einen relativ schmalen Landstreifen von 98 km Länge, der das Kurische Haff von der Ostsee trennt. Die Nehrung besteht ausschließlich aus Sand und wird bestimmt von riesigen Wanderdünen, die in den vergangenen Jahrhunderten, nach der Abholzung in der Frühen Neuzeit, immer wieder Ortschaften unter sich begruben. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gelang es, die Dünen zu bepflanzen und zu stabilisieren, sodass heute auch größere Siedlungen auf der Nehrung bestehen können.
Die größte Ortschaft ist das von ca. 1.200 Menschen bewohnte Nida und befindet sich auf der Haffseite. Der wunderschön gelegene Küstenort ist auch unter Litauern ein beliebtes Ferienziel. Um Nida herum gibt es viele Wälder, Heide- und Dünengebiete, die geradezu ideal für erste Erkundungen mit dem Fahrrad sind. Besonderes Highlight ist die zweithöchste Düne Europas, die Hohe Düne, die früher auch ostpreußische Sahara genannt und als Filmkulisse benutzt wurde.
Hafenstadt Liepaja und der Wasserfall von Ventas Rumba
Unweit von der lettisch-litauischen Grenze liegt das kleine Küstenstädtchen Liepāja auf den Dünen der Ostseeküste zwischen Ostsee und den Seen Liepāja und Tosmare. Die schöne Altstadt und die wunderbare Küstenlage laden förmlich zu einem kurzen Abstecher ein. Nicht entgehen lassen sollte man sich einen Besuch der 1758 eingeweihten evangelischen Dreifaltigkeitskirche, dem Wahrzeichen der Stadt. Bemerkenswert: Die Orgel der Dreifaltigkeitskirche war nach dem Umbau im Jahr 1885 noch bis 1912 die größte der Welt. Noch heute zählt sie zu den größten in Europa. Bei gutem Wetter lohnt sich in Liepāja natürlich auch ein Ausflug zum kilometerlangen und bis zu 70 m breiten Sandstrand.
Ein weiteres Ausflugsziel liegt nur einige Kilometer entfernt: Ventas Rumba ist mit 110 Metern der breiteste europäische Wasserfall. Mit knapp 2 Metern ist er allerdings vergleichsweise niedrig – zum Vergleich: der Mardalsfossen in Norwegen ist mit 645 Metern der höchste Wasserfall Europas.
Riga – Europas Kulturhauptstadt 2014
Riga ist ein baltisches Juwel. Wunderschön am Fluss Düna gelegen, nicht weit von der Rigaer Bucht entfernt, mit einem reichen kulturellen Erbe fasziniert die lettische Hauptstadt jeden Baltikum-Reisenden. Die alte Gebäudestruktur, zauberhafter Jugendstil, die engen Gassen, die Architektur der Stadt sind einmalig. Kein Wunder, dass Riga auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes steht. Nirgendwo auf der Welt gibt es so viele Jugendstilgebäude. Auch die einzigartigen Holzbauten im Stadtzentrum werden sehr geschätzt. Da sich Riga als Hansestadt immer auf dem Kreuzweg der Handelswege befand, hat sich die Küstenstadt zu einem multikulturellen Zentrum entwickelt, in dem Traditionen unterschiedlicher Völker bis heute fortleben. Welche Stadt sollte da besser geeignet sein, 2014 zur Kulturhauptstadt Europas gewählt zu werden?
Raue Ostseeküste und Lahemaa Nationalpark
Ganz im Norden an der Ostseeküste bietet der Lahemaa Nationalpark einen großartigen Einblick in die estnischen Natur- und Kulturlandschaften. Um das dortige Ökosystem und die Artenvielfalt zu erhalten, wurde das Gebiet 1971 zum ersten Nationalpark der Sowjetunion erklärt und ist seitdem zu einer Heimat für die vom Aussterben bedrohten Tierarten der Region geworden. Fischadler, Steinadler, Seeadler, Moorschneehuhn, Schwarzstorch und Nerz haben hier einen idealen Zufluchtsort gefunden.
Tallinn – mittelalterliches Kleinod an der Ostsee
Willkommen im Mittelalter – aber nur optisch! Die estnische Hauptstadt Tallinn ist nur auf den ersten Blick ein echtes Freilichtmuseum. Vielmehr versteckt sich hinter der historischen Kulisse das politisch-kulturelle und wirtschaftliche Herz des Landes. Als östlichste Stadt der Hanse hat Tallinn eine lange Geschichte als florierender Handelsort, der immer wieder seine Regentschaft wechselte. Zu Zeiten der Hanse hieß das heutige Tallinn Reval, unter den Russen Revel und auch der aktuelle Name „Tallinn“ verweist auf die vielen unterschiedlichen Herrscher: Tallinn bedeutet so viel wie “die dänische Stadt“. Ein Gang durch die Stadt wird aufgrund einer so abwechslungsreichen Geschichte schnell zu einem Parcours durch die osteuropäische Geschichte.