Reisebericht 3. Juni 2016

Aufschlussreiche Reise durch das Reich der Maya

WORLD INSIGHT Reisegast

Dieter Lührssen stellte sich vor seiner Reise nach Guatemala die Frage, was den Reiz des Landes ausmacht und fand die Antwort in den Tempeln der Maya und einem traditionellen Frühstück mit einer einheimischen Familie.

Was macht den Reiz einer Guatemala-Reise aus? Der Frage aus seinem sozialen Umfeld sieht man sich vor Beginn dieser Reise mehrfach gestellt – Freunde und Bekannte wollen es genau wissen! Und man liest doch so viel!?

„Auf den Spuren der Mayas“ – ist eine nicht zufriedenstellende Antwort auf die Eingangsfrage. „Auf den Spuren des weltbesten Rums Zacapa“ – klingt schon besser. „Entspannen – Sonne und Strand genießen“ – hört sich für WORLD INSIGHT Reisen unglaubwürdig an. „Eine Nation 30 Jahre nach Ende eines todbringenden Bürgerkrieges kennenzulernen“ – schon fast zu akademisch.

Ein Straßenkünstler zeichnet den kolonialen Charme der guatemaltekischen Städte nach.

Ein Straßenkünstler zeichnet den kolonialen Charme der guatemaltekischen Städte nach.

Ein bisschen von allem wird es dann letztendlich. Das Gelingen der Reise verdanken wir auch unserem Reiseleiter Rafa – der reüssiert wegen seines Auftretens zum Schwarm der mitreisenden Frauen – und erhält wegen seines tiefgründigen Wissens den Titel „Google to go“ verliehen.

Auch der neue Bus der Marke Yutong verschafft der Gruppe die notwendige Kopf- und Beinfreiheit. Wir verschmerzen, dass wegen einiger Steigungen im Hochland auf den Coaster oder den Pickup zurückgegriffen werden muss. Die bis ans Ufer des Atitlán-Sees reichenden, jungen Vulkane ergeben giftige Steigungen, die es zu überwinden gilt. Keiner protestiert, wenn bei einem Anstieg selbst die Ladefläche des Pickups zur Hälfte geräumt werden muss. So absolvieren einige ihr heimisches Fitness-Programm – jetzt verknüpft mit vorbildlichem Sozialverhalten.

Rauchender Begleiter: Der Vulkan Pacaya bestimmt das Bild in der Region um Antigua.

Rauchender Begleiter: Der Vulkan Fuego bestimmt das Bild in der Region um Antigua.

Man fühlt sich nah am Erdinneren, an den Ursprüngen der Erdgeschichte, wenn man in Antigua in ca. 20-minütigem Rhythmus von einer grauen, sich entwickelnden Wolke des Fuego-Vulkans begrüßt und begleitet wird. Wenn man zum aktiven Vulkan Pacaya empor steigt – dort oben in einem frischen Lavafeld mit Erdwärme Marshmallows röstet. Wenn Roberto und Filippa in einem Seitenstrang eines geothermischen 100 MW-Kraftwerks bei Los Ausoles Maiskolben und Essbananen für uns erwärmen und mit Salz und Limetten genussvoll servieren – und man so nebenbei erfährt, dass mit dem Verbundkraftwerk zum Pacaya in Guatemala die Hälfte der Energieversorgung von El Salvador sichergestellt ist.

Es ist schier unmöglich, in einem räumlich begrenzten Reisebericht alle Information und Erlebnisse der Reise gebührend zu würdigen, aber einige Bilder bleiben einfach intensiver auf der Netzhaut gespeichert.

Natürlich sind die Maya-Tempelanlagen von Yax-Ha (zur Einstimmung), Tikal (für des Renommee), Quirigua (wegen der Stelen), Copan in Honduras (mit dem Herrscher „18. Kaninchen“ – ein gewöhnungsbedürftiger Name), Joya del Cerén in El Salvador (mit der Volksgeschichte unter sieben Meter Lavaasche) zutiefst beeindruckend. Und das wirkt noch stärker, wenn der lokale Guide sachkundig erläutert, wie viel Prozent der jeweiligen Gesamtanlage erst frei gelegt und entschlüsselt sind. Leider kommt für die meisten Teilnehmer wegen des Durchschnittsalters die Motivation zur Aufnahme eines Archäologie-Studiums zu spät, um die noch nicht freigelegten 90 % zukünftig untersuchen zu können.

In der mentalen Vorbereitung für die Tikal-Morgen(Nacht)-Wanderung wird von Rafa der wie immer einzuhaltende Zeitplan vermittelt: 4:30 Uhr Wecken; 5:00 Uhr Abgang; Ankunft 5:45 Uhr und Aufstieg zum Tempel IV über das hölzerne Stiegensystem. Auf die Frage nach beleuchteten Wegen fällt folgendes Bonmot: Wer keine Taschenlampe dabei hat, kann auch nichts sehen. Es soll uns einer der „magic moments of life“ erwarten, bestehend aus dem Genuss von Stille der Natur, versüßt mit Brüllaffen-Gebrüll und exotischem Vogelgezwitscher.

Eher unerwartet „genießen“ wir aber: Knistern von Bonbonpapier wie im Theater, Knackgeräusche sich entleerender Plastik-Trinkwasserflaschen, Motorengeräusche von heranfahrenden Toilettenwagen, Auslöseklicks von Fotoapparaten in verschiedenen Tonarten und Tonlängen, Öffnen und Schließen von Zips unterschiedlichster Rucksack-Typen, Schniefen und Hüsteln von ca. 50 Aufgestiegenen. Ein belehrendes „silence please“ sorgt zumindest für den Abbruch unnötigen Palavers, so dass doch noch eine halbwegs meditative Stille entsteht. Die Sonne blieb aber von den Nebeln des Regenwaldes verschluckt.

Das Geräusch des um 6:00 Uhr anlaufenden Hotel-Dieselaggregates und der nach Routine klingende Spruch des Tempelwächters „hey guys, as you can see, you can see anything“ lösen endgültig die Spannung der vor Vorfreude oder Morgenkühle erstarrten Versammlung. Die Erkenntnis macht sich breit, dass die Natur oder die Götter hier den Verlauf bestimmen. Auch ein Opfer von Jungfrauen hätte hier wie in so vielen Situationen des Lebens der Mayas keine Abhilfe geschaffen. Statistiken über reale touristische Postkarten-Sonnenaufgänge in Tikal sind mir nicht bekannt.

Mit dem Boot geht es über den heiligen Atitlan-See.

Mit dem Boot geht es über den heiligen Atitlan-See.

Ein anderes Fortbewegungsmittel, das Boot, bringt uns in rasender, feuchter aber von Rettungswesten geschützter Fahrt über den Atitlán-See nach San Juan de la Laguna zur indigenen Gastfamilie. Beim Rundgang durchs Dorf begleiten uns Juan der Familienvater und Sohn Eric (3). Den Rest der Familie lernen wir erst später kennen: Mutter Gloria, Tochter Sandy (10), Tochter Melissa (15) und Andrés (20). Nach dem gemeinsam zubereiteten und eingenommenen Abendessen in der großen Gruppe lernen wir – von Neugierde gefüllt – unser Domizil kennen.

Nach einer ruhigen Nacht in aller Schlichtheit erwartet uns ein typisches Frühstück mit Rührei, Bohnenmus, Tortillas und Kaffee – alles auf einem Holz befeuerten Küchenherd von Gloria liebevoll zubereitet. Wegen fehlender spanischer Sprachkenntnisse (unser Manko!) kommunizieren wir mit Bildern vom Smartphone und führen Gespräche mit der englisch sprechenden Melissa über Maya- und andere Höhere Mathematik.

Ich hätte auch sehr gerne politische Fragen gestellt zum Leben nach dem Ende des Bürgerkrieges 1996 – ein Zeitpunkt, wo die Familie entstanden ist. So begnüge ich mich mit Gedanken, dass der prämierte, guatemaltekische Rum, Zacapa, 23 Jahre alt laut Flaschenetikett, schon destilliert und auf dem Fass gelegen hat, als der Bürgerkrieg mit 100.000 Opfern zu Ende ging. Opfer vor allem bei der indigenen Bevölkerung.

Guatemala_Reisebericht (c) WORLD INSIGHT 13

Trister Beton wird in Guatemala gerne farbenfroh angestrichen.

Zwanzig Jahre zuvor, 1976, forderte das letzte große Erdbeben in Guatemala Stadt 20.000 Tote – danach entwickelte sich die Produktion von Betonsteinen im Lande und heute sind beim Durchfahren der quirligen 3-Millionen-Metropole eventuell vorhandene Spuren durch großformatige bunte Werbetafeln verdeckt. Eine U-Bahn kann es wegen der permanenten Erdbebengefahr natürlich nicht geben – aber einen fortschrittlichen Busbetrieb mit eigenen Fahrspuren!

Man muss beim Durchfahren von Guatemala auf Politik zu sprechen kommen. Permanent beeindrucken rot oder grün angemalte Häuser, Felsstücke, Laternenpfähle. Die Eindrücke der letzten Wahlen zum Staatspräsidenten sind noch nicht verblasst – und der bunte Wahlkampf zeigt dauerhaft die Spuren der roten Lider-Partei und der grünen Une-Partei. Wahlsieger war aber der ehemaliger Schauspieler Jimmy Flores, ein Mann ohne Kapital – wie geht das in Guatemala?

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Das Markttreiben in Chichicastenango ist bunt und laut.

Wir sitzen im Bus nach Chichicastenango – DER Markt. Und passieren auf einer Nebenstraße eine Obstkontrollstation. Einiges darf im Bus weiter mitgeführt werden, anderes wandert an der Regionsgrenze in den Müll. 52 Schikanen zur Verkehrsberuhigung und eine Reihe von Kirchen evangelischer, amerikanischer Sekten säumen den Weg nach „Chichi“. Vor Ort ist es bunt und spannend – stressig für den Guide, die Truppe beisammen zu halten. Selbst im Zentrum vor der Kirche ein geräuschvolles Marktgeschehen – in der Kirche eines der Rituale der Maya-Ur-Religion, zu dem Touristen keinen Zugang haben. Fotografieren verboten. Auch die reinen Erzeugermärkte mit landwirtschaftlichen Produkten bei Zunil haben ihren Reiz mit viel Farbe und Leben und einem Prediger, der zwischen den Ständen seine Texte verliest.

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In Guatemala lässt es sich hervorragend schlemmen.

Juayúa mit der „Feria Gastronomica“ bilden einen „Fressmarkt“ unter freiem Himmel. Ich genieße letztlich eine Gazpacho mit Shrimps für 5 $, ohne mir über den Inhalt des Bechers trotz der bebilderten Reklametafeln wirklich klar zu sein. Die Befriedigung des Kaffeedurstes führt erneut zu einer sprachlichen Blamage. Ich bestelle in der örtlichen Bäckerei zwei Cafe Negro und zwei kleine Kuchen. Für die Bezahlung bitte ich, den Rechnungsbetrag aufzuschreiben und werde nicht verstanden. Ich meine etwas mit sieben gehört zu haben und zücke das Portemonnaie mit den Dollars. Lege eine 5$-Note auf den Tresen und schaue in erwartungsfrohe Augen, lege also eine 1$ Note dazu und noch eine 1$ Note – fühlend, nun muss es doch genug sein. Die Verkäuferin nimmt den obersten Schein, geht zu ihrer Kasse im Hintergrund und kommt mit Kleingeld für mich zurück. Ich schaue fragend auf die anderen Scheine und sie schüttelt abweisend den Kopf. Wir sacken Wechselgeld auf 70 ct, Scheine, Kaffee und Kuchen ein, und setzen uns auf die Bordsteinkante im Schatten. Hat selten alles so gut geschmeckt. Erneut das Fazit: Spanisch lernen lohnt sich.

Weniger spanisch geht es nach einer von Naturerleben bestimmten Bootstour auf dem Rio Dulce nach Livingston zu. Unterwegs kommt die Teilmenge unserer Gruppe, die ich FFF getauft habe, zu ihrem Recht. FFF steht für Flora-Fauna-Fraktion. Kein Reiher, kein Pelikan, kein Quetzal, kein Frosch, keine Wasserschildkröte wird beim Fotografieren übergangen.

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Das 1$-Foto.

Im UNESCO-Weltkulturerbe bei den Garifunas, Nachkommen karibischer Einwanderer, wird Englisch gesprochen – zumindest von dem Bob-Marley-Ersatz, der mich durchs „schwarze Dorf“ führt, behauptet in Deutschland Musik gemacht zu haben, nennt Heidelberg, Freiburg, aber bleibt bei der Frage nach dem gespielten Instrument die Antwort schuldig. Das Foto von ihm kostet mich 1 $. Eine gute Investition – wie alles auf dieser vielfältigen Reise auf den Spuren der Mayas und vor allem ihrer Nachkommen.

Inzwischen kann ich auf die Eingangsfrage antworten: Man weiß zu wenig über Guatemala. Fahre hin und erfahre es selbst – das Land hat es verdient!

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