Sandro Nania, WORLD INSIGHT Country Manager in Malaysia, liebt das aktive Entdecken. Mit Borneo hat er sein Paradies gefunden – eine Geschichte über Wanderungen zwischen Regenwäldern, Palmöl-Plantagen und Orang-Utans.
Was in seiner Kindheit die norditalienische Alpenregion war, ist für Sandro Nania heute Borneo: ein Naturparadies voller Möglichkeiten zum Wandern und Fahrradfahren. Aufgewachsen in Latina, einer in den Zeiten des italienischen Faschismus entstandenen Planstadt, die direkt an das Stadtgebiet der Metropole Rom angrenzt, schlug sein innerer Kompass schon immer aus in Richtung Natur. Er liebte die regelmäßigen Wandertouren mit der Familie in den Alpen Norditaliens und schnappte sich oft das Fahrrad, um einfach mal rauszukommen aus dem städtischen Trubel.
Heute lebt Sandro in der malaysischen Millionenmetropole Kuala Lumpur und kennt sich bestens aus in den spektakulären Naturlandschaften seiner neuen Heimat. Er wanderte durch Nebelwälder und durch gigantische Höhlen, paddelte mit dem Kajak über Flüsse durch dichten Dschungel und bestieg den zweithöchsten Berg des Landes. Seit 2003 ist er Mitglied in einem Mountainbike-Verein in Kuala Lumpur und regelmäßig auf holprigen, schlammigen und dicht umwucherten Pfaden des Regenwalds unterwegs. Unser Country Manager in Malaysia ist der richtige Ansprechpartner für eine Geschichte über unsere aktivPlus-Tour auf Borneo, der größten Insel Asiens.
„Gerade die Regionen Sarawak und Sabah auf Borneo sind wie geschaffen für aktive Erlebnisreisen. Es gibt unglaublich viele Möglichkeiten für ausgiebige Trekkingtouren“, erklärt Sandro und fügt augenzwinkernd hinzu: „Anders als auf der malaysischen Halbinsel gibt es hier nur eine Fernstraße mit zwei Spuren, auf denen man auch mal fünf Stunden für 200 km braucht. Hier kann man fast nicht anders als zu wandern.“
Von der Großstadt in den Nationalpark
Unsere aktivPlus-Reise beginnt in Kuching in der Region Sarawak, mit über 600.000 Einwohnern die größte Stadt auf Borneo und der „Verkehrsknotenpunkt“. „Kuching ist eine sehr interessante Stadt, sie war Hauptstadt der weißen Rajas im 18. und 19. Jahrhundert“, erzählt Sandro. Der Begriff „weiße Rajas“ bezeichnet die Mitglieder der britischen Brooke-Familie, die in der Kolonialzeit das Königreich Sarawak beherrschten. Das weiß gestrichene Fort Margherita, das einst die Einwohner der Stadt vor Piraten schützen sollte, zeugt von dieser wirtschaftlichen Blütezeit. Für alle, die mehr über die Herrschaft der weißen Rajas erfahren wollen, empfiehlt Sandro einen Besuch der Brooke Gallery im Fort – einer seiner Lieblingsorte in Kuching.
Ein besonderer Vorzug der Stadt für einen Outdoor-Enthusiasten wie Sandro ist außerdem die Nähe zur Natur: „Von Kuching aus sind vier Nationalparks schnell und einfach zu erreichen“, berichtet er. Eines dieser geschützten Naturparadiese ist der Bako-Nationalpark. Auf der aktivPlus-Tour schnüren wir hier zum ersten Mal die Wanderschuhe und treffen auf Honigbären, Nasenaffen und Warane. „Der Bako befindet sich auf einer kleinen Halbinsel und verfügt über fünf verschiedene Ökosysteme, angefangen mit dem Tieflanddschungel in Küstennähe, über Mangroven- und Sumpflandschaften bis hin zu Hochplateauwäldern. Deswegen gibt es dort eine auch eine besonders hohe Artenvielfalt.“
Abenteuer in der Heimat der Fledermäuse
Das erste große Trekking erwartet uns dann im Mulu-Nationalpark im Nordosten der Region Sarawak. Hinter dem unscheinbaren Namen und unter dem undurchdringlich wirkenden Dschungel versteckt sich eines der größten Höhlensysteme der Welt. Erst 1961 entdeckt, sind die meisten Pfade zu den großen Höhlen – Deer Cave und Lang Cave – mittlerweile mit Holzplanken ausgebaut. „Das Höhlensystem der Deer Cave wurde nach Hirschen benannt, von denen es dort in der Vergangenheit eine große Population gab. Sie haben in der Höhle am Kalkstein geleckt, der sie mit Mineralien versorgt hat, denn das Gras, das sie fressen, reicht ihnen nicht an Nährstoffen“, erklärt Sandro.
Die unglaublichen Dimensionen des Höhlensystems sind selbst für weit gereiste Abenteurer eine besondere Erfahrung. Der höchste Punkt der Deer Cave ist 148 m hoch. „Man betritt die Höhle durch einen vergleichsweise niedrigen Eingang und plötzlich ist es wie eine Explosion an Volumen“, erzählt Sandro sichtlich beeindruckt. Am Ende der Höhlenwanderung wartet dann ein weiteres Highlight: der Garten Eden. Die schmale Öffnung hin zum dichten Dschungel ist ein tolles Fotomotiv. Nach der Dunkelheit der Höhle wirkt die grüne Farbe der Dschungelpflanzen so satt und lebendig, als befände man sich im berühmten Garten des himmlischen Paradieses.
Die düsteren Höhlen wirken lebensfeindlich, doch der Schein trügt: Millionen äußerst lebendige Fledermäuse sind in der Deer Cave zuhause. Abends sorgen sie für ein einzigartiges Spektakel, wenn sie in Scharen die schützende Höhle verlassen, um auf die Jagd nach Insekten zu gehen. „Dieses Phänomen nennen wir ‚bat exodus‘ und ist abhängig vom Wetter nahezu jeden Abend zu beobachten. Nach unserer Ankunft im ‚Garten Eden‘ der Deer Cave wandern wir zu einer kleinen Plattform, um uns das faszinierende Schauspiel anzusehen“, erzählt Sandro.
Begrüßung mit Gong
Nach zwei weiteren Trekkingtagen im Mulu-Nationalpark mit seinen Schluchten, Kalksteinfelsen und Höhlen geht es mit Bus und Fähre in Malaysias Bundesstaat Sabah, der im Nordosten Borneos liegt. Unser Drehkreuz hier ist Kota Kinabalu, die Hauptstadt Sabahs. Das Ziel: Der Crocker Range-Nationalpark mit dem zweithöchsten Berg Malaysias, dem Trus Madi.
Mit der Besteigung des Trus Madi starten wir vom Dorf Sinua aus, das sich am Fuße des 2.642 m hohen Berges befindet. Hier im Camp 1 kommen wir leicht mit den Menschen in Kontakt. Dorfbewohner besuchen neugierig das Camp, bringen Reiswein mit und den Gong, eine flache Metalltrommel. „Gongs sind für die Einheimischen sehr wichtig, sie haben sie früher genutzt, um vor Gefahr zu warnen. Wenn man mit einer Familie engen Kontakt pflegen will, dann muss man ihnen einen Gong schenken.“
Auf unserem 8 km langen Trekking erwartet uns eine faszinierende Landschaft, die Sandro an einen bekannten Film erinnert: „Es ist eine Szenerie wie in Herr der Ringe. Wir überqueren kleine Flüsse, die Vegetation ist mit Moos überzogen. Oft stellen sich uns riesige Baumwurzeln in den Weg.“
Sonnenaufgang auf dem Gipfel
Den Gipfel wollen wir aber erst am nächsten Morgen vor dem Sonnenaufgang erklimmen und so beziehen wir erst einmal unser zweites Nachtlager. „Nachts im Camp 2 wird man überwältigt von dem funkelnden Sternenhimmel. Es gibt hier so gut wie keine Lichtverschmutzung, die die Strahlkraft der Sterne schmälern könnte.“
Um halb drei Uhr nachts treffen wir uns für das letzte Stück zum Gipfel des Trus Madi. Die Vorfreude lässt uns die Müdigkeit schnell vergessen. Oben angekommen erwartet uns eine atemberaubende Aussicht, weiß Sandro: „Man kann die Energie des Sonnenaufgangs förmlich spüren. Wenn das Wetter es zulässt, kann man über die Gebirgskette der Crocker Range bis zum Kinabalu schauen, dem höchsten Berg Malaysias.“
Neben den majestätischen Bergen breitet sich auch der nahezu unberührte Regenwald vor uns aus – ein Anblick, den man nicht so schnell vergisst. „Noch wird der Regenwald teilweise nur von Einheimischen als Farmland zur Selbstversorgung genutzt. Doch schon bald könnten dort auch Palmöl-Plantagen entstehen“, erzählt Sandro.
Der Fluch des Palmöls
Die Präsenz von Palmöl, das sich nahezu in jedem zweiten Produkt befindet, ist sehr groß in Sarawak und Sabah: „Die Plantagen werden immer größer und der Regenwald schrumpft.“ Im Kinabatangan-Schutzgebiet in Sabah, das wir nach der Besteigung des Trus Madi zum Ende der Reise besuchen, ist einer der zahlreichen Orte mit hoher Artenvielfalt, die durch die Produktion des stark nachgefragten pflanzlichen Öls gefährdet sind: „Dort sollen Brücken über den Kinabatangan-Fluss gebaut werden, um den Transport des Palmöls zu vereinfachen. Wir wissen, dass das einen großen Einfluss auf die Tierwelt hat. Lokale Nichtregierungsorganisationen haben Elefanten mit Sendern ausgestattet und herausgefunden, dass diese sich scheuen unter den Brücken hindurchzugehen. Gruppen von Elefanten könnten somit durch den Bau der Brücken isoliert werden, was den Genpool der Gruppen auszehrt und die Elefanten schwächt. Das gleiche Problem betrifft auch die Orang-Utans.“
Palmöl-Plantagen verkleinern nicht nur den Lebensraum der Tiere, sondern sind an sich auch gefährliche Orte für sie, erzählt Sandro. „Elefanten lieben die jungen Sprossen der Palmöl-Pflanze. Um die Pflanzen vor den Elefanten zu schützen, vergiften die Plantagen-Besitzer oft die Sprossen.“
Doch nicht nur Regenwälder und die Tierwelt Malaysias leiden unter dem Palmöl-Boom. Auch der Lebensraum lokaler Völker ist bedroht. „Das indigene Volk der Penan sieht das Land ihrer Vorfahren in Gefahr. Viele Grabstätten, die ihnen heilig sind, befinden sich im Regenwald. Wenn dieser für Palmöl oder Staudämme abgeholzt wird, verlieren sie diese Stätten. Die Penan haben es schon geschafft ein Staudammprojekt zu verzögern, aber die Regierung hat bis jetzt immer noch keine Stellung dazu bezogen.“
Hilfe statt Zerstörung
Hoffnung auf ein harmonisches Miteinander von Mensch und Natur machen Orte wie das Sepilok Orang-Utan Center, das wir auf unserer aktivPlus-Reise besuchen. Dort werden verwaiste Orang-Utans auf ein Leben in freier Wildbahn vorbereitet. Sandro findet dieses Engagement außerordentlich wichtig: „Einheimische nehmen sich Orang-Utans manchmal als Haustiere. Das ist natürlich nicht erlaubt und die Polizei bringt die Tiere dann in Aufzuchtstationen wie in Sepilok. Orang-Utans, die mit Menschen gelebt haben, haben verlernt sich in freier Wildbahn Nester zu bauen und zu ernähren. Sind die Tiere auf ein Leben in Freiheit ausreichend vorbereitet, werden sie im nahegelegenen Tabin-Wildreservat ausgewildert.“
Mit dem Semenggoh Wildlife Center steht auch schon zu Beginn unserer Reise der Besuch einer ähnlichen Einrichtung auf dem Programm – nicht weit von Kuching entfernt. Zurück Richtung Stadt paddeln wir mit dem Kajak durch den tropischen Regenwald Borneos, dem ältesten auf unserem Planeten.