Reisebericht Kenia 1. Dezember 2021

Kenia – Land der Gegensätze

WORLD INSIGHT Reisegast

Unsere Reisende Susanne nimmt dich mit in ihre Gedankenwelt während ihrer Kenia-Reise im November 2021.

Eine Reise beginnt immer schon vorher. In der „Inkubation“ der Idee, in der Planung, in der Vorbereitung. Der erste Hauch von Afrika wehte mir beim Bestellen des Visums entgegen. Man wird nach den Daten von Mutter und Vater gefragt und nach der „next kinship“, also der nächsten Verwandtschaft. Eine Vorahnung auf die „lineage“ der Abstammung, die Ahnenlinie, die Einbindung in die Sippe? Später erfahre ich über die Verantwortung, die jeder im Zusammenleben mit der Großfamilie hat, und über die politische Relevanz der verschiedenen Ethnien oder Stämme.

Nun sitze ich aber endlich im Flieger. Ich öffne die Sonnenblende genau in dem Moment, als wir vom Mittelmeer her auf den afrikanischen Kontinent hineinfliegen. Braun das Land, nur braun, sofort nur Wüste. Gerade, absolut leere Straßen. Unendliche Einsamkeit (und wahrscheinlich Stille). Ich sehe tatsächlich Dünen und Schatten der Dünen, Schlieren im Sand.

Aus dem Flugzeug sehen wir zum ersten Mal die schier endlose Weite Kenias.

Von Anfang an bei der Abholung am Flughafen in Nairobi (und bis zum Schluss, inklusive unserer persönlichen Aufenthaltsverlängerung) war die Organisation perfekt – umsichtig und die Stimmung in der Gruppe sehr freundlich und neugierig-gespannt: Was würden wir doch alles erleben (trotz Covid)! WORLD INSIGHT hat sogar die Passagiere pro Jeep passend nach Alter und Interessen zusammengestellt. Der Reiseführer Elvis ist lustig, souverän und verlässlich und der Fahrer Anton einer der reizendsten Menschen, die ich je kennengelernt habe. Außerdem sprechen beide sehr gut Deutsch. Alles, was in der Reisebeschreibung steht, trifft genau zu, deshalb wird dies hier ein etwas anderer Reisebericht: Die faszinierenden Tierbilder und die exotischen Landschaftskulissen erweiternd, die man der WORLD INSIGHT-Reisebeschreibung und anderen Reiseberichten entnehmen kann, ist dieser Bericht eine Sammlung loser, persönlicher Gedanken.

Reisende Susanne beim Strandballett mit den Einheimischen.

 

Unterwegs

Wir beginnen also unsere Jeep-Fahrten. Was mir auffällt während der nächsten Tage, sind Dinge, die es nicht oder wenig gibt oder von der Straße aus nicht sichtbar sind: Müllcontainer, Papierkörbe, StraßenmusikerInnen, RaucherInnen, weinende Kinder, Antennen, Satellitenschüsseln, Kinderwägen, Gehsteige, Helmpflicht, Ortsschilder.

Im Müll sucht so manch einer nach Essensresten.

Wie wirtschaftlicher Aufschwung funktioniert, kann man „anschaulich“ erleben: Frauen bringen Mittagessen an den Zaun einer Baustelle. Die Männer verdienen dahinter ihr Geld beim Errichten einer Fabrik, die Frauen draußen mit „Essen auf Rädern“, besser mit Essen aus Körben. Nebenbei: auch die Baustellen erscheinen im Verhältnis zu unseren viel unordentlicher, denn schon allein die rote Erde lässt alles schmutzig aussehen, wie Rost.

Die Kirchen haben Namen wie „Full Gospel Church“ oder „Jesus Power Church“. Ich frage mich, wer ihnen diese Namen gibt. Später lese und erfahre ich, dass jeder eine Kirche gründen kann, dass Prediger sein ein lukratives Gewerbe ist, dass es viele charismatische Kirchen nach amerikanischem Vorbild gibt, dass „Erweckungen“ oft zum Medienspektakel werden… Eine Frage und ein ganzer Horizont an typisch kenianischen Phänomenen tut sich auf.

Übrigens werden Kirchen, Schulen und Tankstellen immer besonders sauber gehalten. Symptomatisch? KenianerInnen sind bildungsversessen und Sprit ist unbedingt notwendig. Das Transportwesen basiert auf Auto- und Kleinbussen, Motorradtaxis, Tuk Tuks und Individualverkehr.

Das Tuk Tuk ist in Kenia ein ebenso beliebtes Fortbewegungsmittel wie in Asien

 

Tiere

Elefantenbabys trinken alle drei Stunden. Sie müssen die Geschicklichkeit des Rüssels erst lernen, wie Kinder das Essen. Der Gedanke an das tollpatschige Elefantenjunge wiegt mich in einer unruhigen Nacht wieder in den Schlaf. Süß und tröstlich.

Die Tiere im Nationalpark: still, gelassen, majestätisch. Eine ganze Herde Elefanten macht fast keine Geräusche, wenn sie nicht aufgeregt ist. Ein Vogelstrauß durchschreitet das Tal, er hat eine weite Strecke (denkt man), aber ist nicht in Eile. Auch der Gepard geht einfach „seinen Weg“. Uns Menschen scheint er willkürlich gewählt. Die Tiere sind orientiert, zielstrebig, behalten über andere Tiere den Überblick, doch alles geschieht bedächtig, wenn sie nicht jagen.

Hier bekomme ich wirklich das Gefühl, dass die Erde auch den Tieren gehört. Was machen wir in Europa im Verhältnis zum kenianischen Tierschutz für ein „Theater“ wegen ein paar Bären oder Wölfen.

Der Tierschutz hat in Kenia einen hohen Stellenwert.

Die Topi-Gazellen: so glatt und glänzend das Fell, so gestählt die Muskeln, dass sie wie aus Speckstein gemeißelt aussehen. Die Giraffen überkreuzen ihre Hälse. Jetzt weiß ich, woher das Motiv für die bunten Holzskulpturen kommt, die es in den Souvenirläden zu kaufen gibt. Aus der Natur natürlich.

Giraffensichtung auf Morgenpirsch.

Warum scheint ein Affe so zu gehen wie ein Mensch, auch wenn er sich auf vier Beinen fortbewegt, und eine Giraffe nicht? Ich glaube, es sind die Schulter- und Halsform und die ähnliche Größe, wenn der Mensch auf allen Vieren geht.

Abends auf der Veranda des Zeltes: Die Vögel zwitschern nicht einfach. Sie zirpen, gackern, rufen, klappern, klirren, trillern, pfeifen, quaken, krähen, krächzen, singen. Manchmal auch in einer Abfolge, also z.B. piep-trrr.

Im Jeep werden Literaturhinweise weitergegeben: „Der rosa Elefant“, „Wasser für die Elefanten“. „Frühstück mit Elefanten“: hier haben wir es. Die Elefanten am Wasserloch vor der Lodge, die Gazellen äsen in Sichtweite von Müsli und Kaffee.

Den verspielten Dickhäutern begegnen wir auf unserer Reise öfters.

 

Menschen

Die Massai leben hauptsächlich in  der Masai Mara und dem Amboseli Nationalpark in Kenia, aber auch in der Serengeti in Tansania.

Vielleicht haben die Menschen, die Hirten, das von den Tieren gelernt: Einfach im Gras sitzen und an nichts denken.

Ein Schild verbietet das Holzsammeln. Unsere Wälder sind voll Bodenholz. Hier kocht man auf Holzfeuern. Die Wälder sind abgeholzt. Gleichzeitig: eine chinesisch finanzierte moderne Bahnlinie führt quer durchs Land mit kilometerlangen akkurat eingezäunten Grundstücken. Hier, im Rift Valley, entsteht wohl bald ein Containerumschlagplatz für mindestens ganz Kenia. Hier wird vielleicht eine Stadt kommen, so wie Nairobi gebaut wurde, als die Engländer die „alte“ Bahn errichteten.

Wir kommen zu den Masai. Besser gesagt zu den Maisai-Männern. Sie erzählen uns über ihre Kultur des Jagens und über ihre Initiationsriten, spielen ein Wurfspiel. Leider keine Frauen dabei, die uns über den weiblichen Teil der Kultur berichten. Was lernen junge Mädchen, wie vertreiben sich Frauen die Mußezeit?

Korruption ist Teil der strukturellen Probleme des Landes.

Noch viele andere Fragen bleiben offen, z.B. über die Kolonialisierung, ihre Auswirkungen heute. Was blieb von damals, was wurde den Einheimischen genommen. Wie bewerten die KenianerInnen heute jene Zeit, auch ihre eigene Rolle im Verhältnis zu den Engländern? – Ah, ich lese „Länderportrait Kenia“ von Ingrid Laurien.

Wieder zu Hause. Wasche den Sand aus den Badeanzügen. Bin beglückt und bedrückt, fasziniert und erschüttert, inspiriert und Horizont-erweitert.

 

 

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