Von Muscat fliege ich nach Bangkok – DIE Stadt in Südostasien. Es ist ein Treffen unter Freunden, wenn unser Team vor Ort und wir uns abends zusammensetzen, um unsere Touren und die politische Lage zu besprechen.
Bangkok ist für mich DIE STADT in Südostasien. Es ist das kultivierte Chaos, das hier herrscht. Gebändigt von einem herausragenden Bürgermeister, der mit dem klugen Kauf der Metro und der Einführung von Gas-betriebenen Taxis aus einem von Smog geschüttelten Moloch eine moderne Metropole machte, wo steinalte Tempel unweit moderner Wolkenkratzer stehen. „Ban(g) Kok“ – das „Dorf am Olivenhain“ ist längst zu „Krung Thep“ geworden – der glitzernden „City of Angels“, wie sie die Thailänder nennen. Leider ist der Verkehr zur Rush-Hour trotz Metro auch heute noch so dicht, wie die Luft vor 20 Jahren. Dann bleiben nur noch der Menam Chao Praya-Fluss und die Klongs, das weltberühmte Kanalsystem Bangkoks, um von A nach B zu gelangen. Auch für unsere Gäste nutzen wir diese stressfreien Verkehrswege. Wir haben aber noch einen Vorteil: Während andere Veranstalter vor allem Hotels im neuen Teil Bangkoks beziehen, liegt unser Gruppenhotel im Stadtteil Banglamphu – dort, wo sich auch der Königspalast, das Wat Phra Keo, das Wat Po oder auch das Nationalmuseum befinden.
Von all diesen wunderbaren Höhepunkten Bangkoks sehe ich bei meinem Aufenthalt dieses Mal leider nichts. Ich bin nicht hier, um Sightseeing zu betreiben oder in einem der netten Cafés am Menam Chao Praya einen Cappuccino zu trinken, während ich dem Treiben auf dem Fluss zuschaue (leider!), sondern um unseren Country Manager und seine Mitarbeiter zu treffen: Wir wollen unsere Touren und die aktuelle politische Lage in Thailand besprechen. Mein Tag sieht deshalb wie folgt aus:
Um 8 Uhr morgens Flug von Muscat nach Bangkok, unterwegs arbeiten am Notebook, dann Ankunft in Bangkok um 18 Uhr. Weil es Regenzeit ist und gerade ein Unwetter am Flughafen herrscht, drehen wir in unserem Dreamliner (ein tolles Flugzeug, auch unsere Gäste fliegen häufiger damit, unglaublich leise und wenig Kerosinverbrauch!) noch ein paar Ehrenrunden, bevor wir dann sicher landen. Ich nehme gerne die Metro in die Stadt bis zur Makkassan Station – das geht schneller als mit dem Auto und ist umweltfreundlich. Für die restlichen drei Kilometer bis zum Treffpunkt (das indische Restaurant „Punjab“ – sehr empfehlenswert!) nehme ich ein Taxi, das in diesem Verkehrsgewühl für die kurze Strecke aber fast eine halbe Stunde braucht.
Es ist ein Treffen mit Freunden: Gerne will ich Ihnen diese Freunde, unsere Geschäftspartner in Thailand, kurz vorstellen. Weil wir Gentlemen sind, fangen wir mit der Dame an: „Nui“, unsere Operationsmanagerin, heißt eigentlich Varaporn Longcharoen. Doch niemand sagt den langen Namen, dabei ist die Abkürzung wenig schmeichelhaft: „Nui“ heißt nämlich auf Thai „gedrungen, klein“, noch schlimmer ist es im Chinesischen: Da ist die Bedeutung schlicht „mollig oder dick“. „Nui“ lacht dabei, als sie das erzählt, sie bevorzugt dennoch die etwas günstigere Thai-Übersetzung. Hintergrund ist, jeder Thai erhält bei seiner Geburt einen Spitznamen, der seinem Äußeren entsprechen soll: So gibt es Khun Gung (Frau Garnele) genauso wie Khun Moo (Herr Schwein). Für Thailänder ist das alles kein Affront, man nimmt seinen Spitznamen gelassen. Pongsapat, unser zweiter Operationsmanager in Bangkok, heißt mit Spitzname „Pia“, was so viel wie „Zopf“ heißt. Wenn man den heute 57-jährigen mit seinem immer noch vollen Haar sieht, dann weiß man, warum man ihm als Kind seine Mähne wohl mit einem Knoten im Haar gebändigt haben muss. Das Team um unseren Country Manager Tira Harnpisitphong arbeitet schon seit 15 Jahren für uns – alles sind gestandene Touristiker, die viel erlebt haben.
Auf meine Frage, was sich im Tourismus in Thailand über die Jahre geändert hat, sagen sie schlicht: „Alles“. Dabei tut man dem Land oft unrecht, wenn man meint, es wäre zu touristisch geworden: „Brathed Thai“ heißt das „Land der Freien“ und so sehr sich der Tourismus in Orten wie Phuket, Ko Samui, Ko Chang oder Chiang Mai auch ausgebreitet hat, so wenig hat er den Thai die Identität geraubt. Das war schon in der Geschichte so: Die Siamesen haben zwar mit allen Kolonialmächten gehandelt, sich aber nie von ihnen unterwerfen lassen – und das als einziges Land Südostasiens! Entsprechend stolz sind die Thai auf ihre großartige Kultur: Wenn man etwas abseits der normalen Pfade reist, und das tun wir bei unseren WORLD INSIGHT Erlebnisreisen, erlebt man eben dieses authentische Thailand. Vor allem der Norden und Nordosten, das so genannte Isan-Gebiet, beherbergt heute noch viele unbekannte Schätze, die entdeckt werden wollen.
Wir kommen auf das Thema „aktuelle politische Lage“ zu sprechen. Das Militär hat eine neue Verfassung in Kraft gesetzt, wobei es das Volk quasi zur Zustimmung zwang. Es wurde zwar gewählt, aber wer gegen die Verfassung stimmte, musste mit schweren Restriktionen rechnen. Ich frage, ob die Herrschaft des Militärs irgendwelche Auswirkungen auf den Tourismus haben wird. „Nein“ versichert unser Country Manager Tira, es sei ein innenpolitisches Problem, richte sich aber in keiner Weise gegen Ausländer. Ich glaube ihm, weil ich ihn schon Jahre kenne – er ist wie ein „Pi Chai“, ein „älterer Bruder“ für mich: Ein kluger Mann mit Verantwortung, der das Thema „Sicherheit“ niemals auf die leichte Schulter nehmen würde. Und dennoch: Das Land macht aktuell eine politische Krise durch, ausgelöst durch den „Beinahe-Bürgerkrieg“ von vor zwei Jahren, als die so genannten „Gelbhemden“, die Royalisten, und die „Rothemden“ (vor allem Anhänger des ehemaligen Premiers Taksin) auf den Straßen Bangkoks protestierten. Als die Demonstrationen zu eskalieren drohten, griff das Militär ein. Ein Schritt, der weitgehend auf Zustimmung traf. Doch das Militär scheint sich anders als bei früheren Interventionen, nun an die Macht zu gewöhnen. Mit der neuen Verfassung manifestierten sie ihre Macht und die angekündigten freien Wahlen im nächsten Jahr geraten zur Farce, weil die potentiellen Kandidaten erst vom Militär ausgewählt werden. Früher hätte der König ein Machtwort gesprochen, aber der überaus beliebte Bhumipol ist krank und schwach geworden. Und sein Sohn ist als potentieller Nachfolger aufgrund diverser Eskapaden keine schöne Zukunftsaussicht für die Thailänder. Dennoch blicken Tira und seine Leute optimistisch in die Zukunft: Offene Konflikte gibt es in der Thai Gesellschaft kaum. Und Reisende dürfen sich weiter über ein Land voller herzlicher Menschen freuen, auf ein offenes und tolerantes Königreich, in dem man sein darf, wie man will – ob schwarz, weiß, braun, homo- oder hetero, Frau oder Mann. Wahrscheinlich lieben wir Europäer neben all den landschaftlichen und kulturellen Höhepunkten vor allem auch deshalb dieses außergewöhnliche Land im Fernen Osten.
Es ist wieder einmal spät geworden. Wir haben viel gesprochen, diskutiert, aber auch viel gelacht. Sechs Stunden Schlaf, dann sitze ich wieder im Flugzeug: Dieses Mal ist es kein Dreamliner, sondern eine rustikale ATR-Maschine von Bangkok Airways, deren Propeller mich sicher in zwei Stunden nach Luang Prabang rattern: „Sabai di“ in Laos!