Reisebericht Marokko 23. Januar 2019

Ein Märchen aus 1001 Nacht

WORLD INSIGHT Reisegast

Unsere Reisende Barbara führte ihre WORLD INSIGHT-Reise in das Land „Wo die Sonne untergeht”. In Marokko erlebte sie Königsstädte, traumhafte Naturerlebnisse, die Gastfreundschaft der Einheimischen und ihre Kultur.

Khalid, unser Reiseleiter, spricht hervorragendes Deutsch, Arabisch, Berberisch, Französisch und Englisch, schreibt Arabisch von rechts nach links, Berberisch von links nach rechts und unser Alphabet. Unglaublich. Mit seiner ausgeglichenen Art, seinem beeindruckend großen Wissensschatz, seiner spürbaren Intelligenz, gespickt mit einer Prise Humor oder mal einem tiefgründigen Berber-Witz, hat er seine Kultur so gut wie möglich versucht zu vermitteln. Ich habe durch seine Erzählungen so großes Interesse bekommen, mehr davon zu verstehen, dass ich mir im Nachhinein ein Buch über die Tuareg, die marokkanischen Berber, angeschafft habe.

Ich möchte gar nicht auf die unzähligen wunderschönen Sehenswürdigkeiten Marokkos eingehen, das kann man bei Interesse überall nachschlagen, sondern lieber von meinen persönlichen Eindrücken oder Erlebnissen erzählen. Natürlich waren die typischen Höhepunkte mehr als beeindruckend, doch für mich waren oft die kleineren Dinge im Tagesablauf die wahren Höhepunkte. Mit den inneren Augen zu sehen, durch die Zeilen zu lesen, zeigt oft mehr als das Offensichtliche.

Bei Besichtigungen der Städte oder besonderer Sehenswürdigkeiten wurde meist auf einen örtlichen Führer zugegriffen und Khalid konnte sich mal kurz von uns ewig fragenden Tourist ausruhen – wobei er unsere Fragen immer und egal um welche Uhrzeit, ausführlich und mit endloser Geduld beantwortet hat. Er stand uns wirklich jederzeit zur Verfügung und hat seinen Job mit großer Verantwortung gemacht.

Für mich waren die echten Highlights die mit hautnahem Kontakt zu den Menschen. Im authentischen Nomadenzelt im gefühlten „Nirgendwo“ wurden wir leicht verschüchtert, aber sehr freundlich-höflich zur Teezeremonie begrüßt. Oma bereitete den Tee zu, ihr Alter war ihr nicht bekannt. „Irgendwas zwischen 70 oder 80“, meinte Khalid, der uns schon vorher einmal von ihr erzählt hatte. Auf dem Sandboden sitzend, mit dünnen Teppichen ausgelegt, wurde uns durch Khalid der typische Minztee (Basis von grünem Tee mit marokkanischer Minze und viel Zucker) serviert, wie immer aus höchstmöglicher Höhe in die Gläser gegossen. Als wir uns verabschiedeten, bekam ich Tränen der Dankbarkeit, dass ich etwas noch so Ursprüngliches, hautnah erleben darf.

Khalid kannte sie alle. Nicht nur die Menschen, die wir laut Programm besuchten, sondern er wurde auch durch viele Menschen in vorbeifahrenden Autos gegrüßt oder bei Spaziergängen durch die Souks. Oft bediente er uns bei den Besuchen, bereitete den Tee zu oder half den Leuten im Hintergrund. Durch seine offene und warmherzige Art auch den Einheimischen gegenüber, bekam ich ab und zu das angenehm vertraute Gefühl, ein bisschen dazu zu gehören – einfach weil ich Khalid kannte. Er nahm mir die Scheu, irgendetwas Fremdartiges zu probieren oder zu riskieren. Ich habe alles gegessen, was auch er aß oder empfahl, zum Beispiel das lecker zubereitete Fleisch, das draußen natürlich ungeschützt an einem Haken in der brütenden Sonne hing. Auch seine Tipps oder Stopps bei sauberen Toiletten, meist Sitz-WCs, wurden den europäischen Ansprüchen durchaus gerecht. Manches war eine Überraschung, wie unser morgendlicher Spaziergang, der quer durch den verschlammten Fluss bis zum anderen Ufer führte. An der Hand gestützt von geschäftstüchtigen Kindern, die wackelige Säcke zum Auftreten ins braune Wasser geworfen hatte. Der Schlamm verewigte sich für den Rest der Reise dunkel in meinen Fußsohlen.

Unsere täglichen Reisestopps beinhalteten auch viele Werkstätten für Kunsthandwerk. Natürlich wünschte man sich, dass wir etwas kaufen würden. So einiges musste dann doch mit, wie beispielsweise meine weißen bestickten Babouches aus butterweichem Leder, die ich der Gerberei gekauft habe. Dort gibt es das beste Leder Marokkos. Gegen den animalischen Gestank der Gerberei wurden Stängel Minze verteilt, die man sich unter die Nase halten konnte. So vieles wird noch nach den uralten Methoden mit Händen, einfachstem Werkzeug oder blanken Füßen bearbeitet – die Stücke sind somit eigentlich unbezahlbar und der Preis, den wir nach europäischen Maßstäben für dieses Handwerk zahlen sollen, ist eigentlich lächerlich. Ein durchschnittlicher Marokkaner kann mit einem entsprechenden Job maximal 30 Euro am Tag verdienen.

Das Beeindruckenste für mich war allerdings, neben dem oben genannten Nomadenzelt, die Sahara. Noch nie bin ich auf einem Kamel geritten und war entsprechend nervös. Am Tag vorher haben wir mit Khalids Hilfe einen Schal für einen Turban gegen Sonne und Sand gekauft, natürlich musste es für mich der Indigoblaue sein, die Farbe der Tuareg. „Die Kamele stehen schon vor unserem Riad!“, hörte ich. Oje, bloß nicht runterfallen. Dick gegen Sonne und Scheuern auf der Kamelhaut eingepackt mit Turban, langer Pumphose und langen Ärmeln, wurde mein kleiner Tagesrucksack durch den Kamelführer an den Handgriffen des Sattels fest verzurrt. Das Aufsitzen mit Hin- und Hergeschwanke des Dromedars schaute ich mir beim Nachbarn vor mir an. Es geht erst nach hinten, dann nach vorne und nochmal nach hinten. Nach einiger Zeit über flaches Gelände ging es tief in die Dünen. An dem Punkt hatte ich mich ans Schwanken gewöhnt und traute mich, auf den ebenen Strecken mit einer freien Hand Handyfotos zu machen.
Und dann überkam mich die riesengroße Freude am Ritt durch die Sahara wie eine Welle. Traumhaft, unbeschreiblich, still und ergreifend, diese endlose Weite, diese ockerfarben-orangen riesigen Dünen, soweit das Auge blickt. Und unsere kleine Karawane auf den schwankenden Wüstenschiffen. Es war nicht unbedingt bequem, dafür umso faszinierender. Ein Mitreisender, unser „Laurence von Arabien“ ritt sogar rückwärts und seitlings auf dem Kamel, als wäre er mit ihm verklebt.

Ich fühlte mich wieder begnadet, da wir genau das hatten, was das Schönste in der Wüste sein soll: eine Vollmondnacht! Es war unbeschreiblich mystisch und still. Wenige Sterne, dafür ein diffuses angenehmes Mondlicht, das die hohen Dünen noch schemenhaft-orange erkennen ließ und mir morgens um 4 Uhr meinen Weg durch den Sand zum WC-Häuschen mit Sitz beleuchte. Sogar hier gab es ein feudales landestypisches Abendessen im Zelt, es fehlte an nichts. Im Beduinenlager übernachtete ich in einem Einzel-Zelt und komfortablen Doppelbett. Ich hatte gedacht, wir schlafen auf dem Boden mit mehreren Leuten auf einer Art Matratzenlager.

Es gab jeden Tag irgendein besonderes oder ungeplantes Highlight, das durch die nette Reisegruppe in unserem Bus lautstark belacht, beklatscht oder bestaunt wurde. Wie der Notstopp unterwegs für die Ziegen in den Arganbäumen am Straßenrand, die es nicht oft zu sehen gibt und die mit großem Hallo fotografiert wurden. Sie klettern in die Bäume, um die Arganfrüchte zu fressen, wenn nicht mehr genug unter den Bäumen liegen.

Ein weiteres Highlight war für mich Essaouira, Khalids Lieblingsstadt. Es ist jetzt auch meine Lieblingsstadt. Eine besondere, orientalische und fühlbar andersartige Atmosphäre hängt über der Künstlerstadt. Eine Ethno-Hose wollte ich zusammen mit meiner Freundin im Tuareg-Shop kaufen, es wurde ein dreistündiger Aufenthalt daraus, mit weiteren Käufen, die ohne Handeln immer günstiger wurden. Das „Mal-eben-Verlängern“ und Neuauffädeln von zwei Ketten fand zusammen mit Teezeremonie, Trommel-Lektion und vielen interessanten Geschichten im Hinterstübchen des Shops statt.

Für mich wurde ein persönliches 1001 Nacht-Märchen wahr, als wir nachts in einer Bar nicht nur gegessen, sondern auch zur Livemusik abgetanzt haben. Die eh schon braunen Fußsohlen waren nun schwarz. Dort lernte ich einen netten Tuareg kennen, optisch wie einem orientalischen Märchen entstiegen, mit dem ich bis heute Kontakt habe. Mitglieder der Band „Tinariwen“ gehören übrigens zu seiner Familie – so schließt sich auch dieser Kreis.

Danke, Team von WORLD INSIGHT, für diese wunderbare Reise in und mit 1001 Nacht. Solch ein beeindruckendes Kontrastprogramm wie auf dieser Tour hatte ich noch nie. Ich war schon bei meiner ersten Reise davon überzeugt, jetzt gibt es keinen Zweifel mehr: Ich möchte nur noch mit euch verreisen, alles ist top organisiert, vom persönlichen Kontakt über die Unterlagen bis zum Foto nach der Reise. Skukran!

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