Auf den Spuren des alten Persiens – Zwischen kulturellem Erbe und modernem Alltagsleben
Fragt man einen Europäer, was er mit dem Begriff „Persien“ verbindet, so wird dieser sofort an ein stolzes, jahrtausendealtes Volk denken, an Kunst, Paläste und Poeten. Eine Reise hilft, zu verstehen und beschert unvergessliche Eindrücke.
Iran – das moderne Persien
Das 6.000 Jahre alte kulturelle Erbe des Iran gehört zu den fünf wichtigsten weltweit, 26 Sehenswürdigkeiten sind auf der UNESCO-Liste der Weltkulturerbestätten verzeichnet. Die Welttourismusorganisation UNWTO sieht das Land, gemessen an diesen Potentialen, unter den Top Ten der globalen touristischen Destinationen. Tatsächlich liegt der Iran im unteren Drittel der gelisteten Reiseländer.
Vorbehalte und Unsicherheit ob der politischen Situation hielten viele Touristen ab. Wer bereit ist, einige Zeit auf Alkohol zu verzichten und die Kleidungsvorschriften akzeptiert, wird mit einem Erlebnis belohnt, das einzigartig ist: Den Glanz eines Reiches zu bestaunen, das einst von Indien bis Ägypten reichte, einer Weltmacht, die ihre ewigen Spuren lange vor dem Islam hinterlassen hat: Iran – welcome to my country.
Touristen gehen im Iran in gebückter Haltung. Aber nicht aus Furcht, sondern weil man glaubt, immerfort den stahlblauen Himmel mit seinen Haarspitzen zu streifen. Dieses Land ist weiter, größer und impulsiver als alles, was du bisher kennengelernt hast. Persien fordert seinen Respekt vor seiner 6.000 Jahre alten Kultur. Besucher des Landes werden rasch bemerken, dass der Iran anders ist, charakteristischer, vielleicht impulsiver – aber auf jeden Fall ist der Geist eines großen und stolzen Reiches allgegenwärtig. Das Gold der Moscheen glänzt heller, und die Arkadenbögen sind weiter als irgendwo sonst. Ein kurzer erhaschter Blick in die Augen der scheuen Menschen lässt bewahrten Stolz vergangener Könige erahnen. Der Achämenidenkönig Kyros, der Grieche Alexander, der Römer Julian oder der Mongole Dschingis haben ihre Spuren hinterlassen und das Land zu einem historischen Hotspot gemacht, der einzigartig in unserer Welt ist. Die Perser waren immer schon Großdenker und sind es auch heute. Der Islam wird lebendiger und intensiver gelebt als anderswo, er ist im Alltagsleben verwurzelt wie Seele und Geist.
Wer den Aufstieg am Vulkankegel Damavand zum Gipfel wagt, kann vom Kaspischen Meer bis nach Turkmenistan sehen. Wer an den 2.500 Jahre alten Säulen von Persepolis ein wenig verweilt, kann den Windhauch der persischen Antike an seiner Gänsehaut erfühlen. Wer in Isfahan auf der Si-o-se Pol (Brücke der 33 Bögen) über den Zayandeh-Fluss nächtens schlendert, kann die Stimmen der Philosophen und Astrologen vergangener Generationen in den Gewölben flüstern hören. Wer in den Wüsten der Kavir den Wind spürt, kann den Schweiß der Karawanen der Seidenstraße riechen.
Auf den Spuren des alten Persiens
Wie ein Märchen aus 1.001 Nacht mutet eine Reise zu den Prachtbauten aus vergangenen Jahrtausenden an: In der ehemaligen Palaststadt Persepolis kann man die achämenidische Residenz und die Gräberstadt der einstigen Könige besuchen (UNESCO-Welterbe), in Schiraz, der Stadt der Liebe, der Rosen und der Nachtigallen, lebte der große Dichter Hafis, dessen Mausoleum besichtigt werden kann. Weiter über die zentraliranische Wüste gelangt man nach Yazd, eine typische Oasenstadt, die zu den ältesten Städten des Iran zählt.
Seit Marco Polo ist diese Stadt für Teppich-, Seiden- und Brokatherstellung bekannt, die historische Altstadt gehört ebenfalls zum UNESCO Welterbe. Lehmbauten, die über 1.000 Jahre alt sind und die Freitagsmoschee, eine der schönsten Moscheen des Landes, vermitteln ein orientalisches Stadtbild.
Isfahan – das ist die Welt, sagen die Einheimischen stolz über ihre schöne Stadt mit den türkisfarbenen Kuppeln, den herrlichen Gärten und Palästen und den zahllosen Kulturschätzen. Wer über den Imam-Platz (UNESCO-Welterbe) oder die Si-o-se Pol (Brücke der 33 Bögen) spaziert, vermeint sich zurückversetzt in längst vergangene Zeiten. Besonders erwähnenswert: Bei keiner dieser Sehenswürdigkeiten muss man anstehen oder horrende Eintrittspreise zahlen – vom Massentourismus ist man hier noch weit entfernt.
Die 14-Millionen-Metropole Teheran
Nirgends ist das Missverhältnis zwischen der 2.500-jährigen persischen Monarchie und der 30-jährigen Islamischen Republik augenfälliger als in Teheran, der 14 Millionen Einwohner zählenden Hauptstadt des Iran. Achtspurige Straßen, ein abenteuerlich lauter Straßenverkehr, Frauen mit bunten Schleiern, schicken Sonnenbrillen und High Heels unter dem langen Flattermantel im Tschador-Stil prägen das Stadtbild, dessen Zentrum sich in den vergangenen 100 Jahren immer weiter aus dem flachen, armen Süden in den wohlhabenderen Norden verlagert hat. Hier oben, in einer wunderschönen Parkanlage, kann man auch den ehemaligen Schah-Palast der letzten Pahlewi-Dynastie besichtigen. Pflicht ist auch ein Besuch der zahlreichen Museen in Teheran oder ein Blick vom Milad Tower, mit 435 Metern der höchste Turm des Landes und der sechsthöchste Fernsehturm der Welt. Er befindet sich nordwestlich des Zentrums im Stadtteil Gischa und ist auch aufgrund seiner erhöhten Lage ein Blickfang im Stadtbild.
Landschaftliche Kontraste
Aber auch abseits der Kulturmonumente hat der Iran sehr viel zu bieten: Seine grandiosen Landschaften reichen von ewigem Schnee bis zu subtropischen Küsten, von heißen Wüsten bis zu gemäßigten Regionen mit üppiger Vegetation. Im Norden die Nationalparks mit den unterschiedlichsten Wildtieren und beinahe sibirischen Wäldern, im Osten die Wüsten Kabir und Lut mit glühenden Sommern und von Menschen unangetasteten Sanddünen.
Im Westen das Zagros-Gebirge, das an die Tiroler Alpen erinnert, nahe Teherans das Alboz-Gebirge mit seinen Skigebieten Dizin und Tochal und im Süden des Landes die Klimazonen des Persischen Golfs und Indischen Ozeans. In Dizin z.B. dauert die Skisaison von Dezember bis Mai, der höchste Skilift erreicht eine Höhe von 3.600 m, was Dizin zu einem der 40 höchstgelegenen Skigebiete der Welt macht. Per Inlandsflug kann man nach dem Skifahren am Strand bei 35 Grad Sonnenbräune tanken.
Gottes Haus ist immer offen –
so lautet ein altes, persisches Sprichwort. Höflichkeit, Umgangsformen und Gastfreundschaft sind in der iranischen Gesellschaft tief verwurzelt. „Taarof“ ist das alte, persische Wort für den gepflegten Umgang miteinander und mit den Gästen. Der Iran ist ein Vielvölkerstaat, und die Kontaktfreundlichkeit der Bewohner gibt dem ausländischen Besucher Gelegenheit, Kultur, Gebräuche und Sitten besser kennen zu lernen und auch zu verstehen. Das Interesse an Fremden ist groß, und manchmal kann es sein, dass in ein Privathaus eingeladen wird, wo bei Tee und Wasserpfeife geplaudert und aktive Völkerverständigung betrieben wird.
Ein Bericht von WORLD INSIGHT-Country Manager Herbert Kössner.
Herbert Kössner lebt seit vielen Jahren mit seiner Familie im Iran. Ihn fasziniert die Vielschichtigkeit, der kulturelle Reichtum des Landes und die Freundlichkeit der Menschen. Unseren Gästen zeigt er gern die unterschiedlichen Facetten des orientalischen Landes und hilft dabei, die Kultur zu verstehen und Vorurteile abzubauen. In seinem Beitrag „Ein Europäer im Iran“ erklärt er, wie man als Fremder in einem Land, das wir uns als ein sehr traditionelles und vorschriftsgeprägtes vorstellen, lebt.