Lebe lieber ungewöhnlich 18. Juni 2015

Mein Leben als Reiseleiter in Oman

WORLD INSIGHT

Vom kleinen Dorf Kindberg in der österreichischen Steiermark, über ein Orgelstudium in Graz, dann als Flugbegleiter bis hin zum Reiseleiter in Oman – Christian Leitner hat einen ungewöhnlichen Werdegang hinter sich.

Vom kleinen Dorf Kindberg in der österreichischen Steiermark, über ein Orgelstudium in Graz, dann als Flugbegleiter bei der Lufthansa bis hin zum Reiseleiter in Oman – Christian Leitner hat einen ungewöhnlichen Werdegang hinter sich, der nicht gerade einem glatten Lebenslauf und doch seinem Wesen entspricht: Liebenswert und etwas chaotisch, spontan und flexibel und vor allem immer für eine Überraschung gut! Dass der ehemalige Musikstudent mal als Flugbegleiter und später als Reiseleiter für WORLD INSIGHT im Orient arbeitet, hätte er wohl selbst nicht geglaubt.

Der 39-Jährige lebt seit Mai 2013 auf der arabischen Halbinsel und ist noch immer sehr glücklich darüber, ausgewandert zu sein :

Ich habe das Gefühl, schon immer hierher gehört zu haben!
Christian über sein Leben in Oman

Liebe auf den ersten Blick

Wovon lebt man nach einem Orgelstudium? Das hat sich auch Christian Leitner gefragt und dann fiel sein Blick zufällig auf ein Inserat in der Zeitung. „Lufthansa sucht Flugbegleiter“ stand dort geschrieben – ohne großes Zögern bewarb sich Christian und wurde prompt eingestellt. Nicht nur seinen Eltern war sein Wunsch als Steward zu arbeiten neu, bis Christian die Stellenanzeige gelesen hatte, war ihm das selbst nicht bewusst gewesen.

Einer seiner ersten Flüge als Flugbegleiter führte ihn nach Muscat, von dem Christian erst einmal auf der Landkarte nachgucken musste, wo das lag. Vier Tage sollte sein Aufenthalt dort dauern und er war von Anfang an hellauf begeistert: „Schon auf der Fahrt vom Flughafen zum Hotel fühlte ich mich wie in ein orientalisches Märchen versetzt. Aus dem Fenster sah ich Palmen gesäumte Straßen, Häuser in omanischer Baukunst und Menschen in landesüblichen Gewändern.“ Die folgenden Tage machte Christian gemeinsam mit dem Piloten, Co-Piloten und den anderen Flugbegleitern Ausflüge ins Wadi und in die Wüste. Sein erster Eindruck verfestigte sich: „Das ist ja cool hier: Super Natur, nette Menschen, die hilfsbereit sind und immer lachen, und es ist sonnig! Schon nach dieser kurzen Zeit stand für mich fest: Da will ich wieder hin!“

Christian mit Flagge und Schal von Oman

Christian (rechts) mit Flagge und Schal von Oman

In der folgenden Zeit flog er zwei Mal pro Monat nach Oman und verbrachte schließlich auch alle Urlaube dort. Durch die Möglichkeit des „Standby-Fliegens“, bei dem er spontan einen freien Platz im Flugzeug bekam, kosteten ihn die Flüge nur wenig Geld. „Meine Freunde fragten mich: Willst du nicht mal woanders hin? Aber ich wollte immer nur nach Oman. Dort hatte ich schon erste Freundschaften geknüpft, denn die Omaner sind sehr aufgeschlossen und haben auch gegenüber uns Westlern eine sehr offene Mentalität. Außerdem wird man überall sofort zum Kaffee eingeladen.“ Anfangs verständigte Christian sich mit seinen neuen Freunden auf Englisch, aber die arabische Sprache reizte ihn. Besonders fasziniert war er von der Schrift, die einem Kunstwerk anmutenden wie Kalligraphie aussah. Das wollte er unbedingt lesen können und so schrieb er sich in Österreich schließlich an der Universität in Wien ein, um endlich Arabisch zu lernen. Teilzeit arbeitete er weiter als Flugbegleiter und freute sich, das neu Gelernte bei seinen Flügen nach Oman direkt anwenden zu können. So lernte er in drei Jahren Arabisch zu lesen, zu schreiben und zu sprechen. Das kam auch bei seinen omanischen Freunden gut an.

Bauchgefühl oder Altersvorsorge?

Zu dieser Zeit stellte sich bei Christian das Gefühl ein, Oman als zweite Heimat zu sehen. „Jedes Mal wenn ich wegflog, dachte ich: Irgendwann bleibst du mal hier. Ich weiß gar nicht warum, aber das war für mich der Ort, an dem alles stimmte!“ Die tiefe Verbundenheit zu Oman brachte ihn aber in einen inneren Konflikt mit der Stimme der Vernunft. Sollte er sein sicheres Leben, seinen Beruf aufgeben? Bauchgefühl gegen Altersvorsorge – auch seine Eltern waren skeptisch gegenüber ersten Andeutungen, den Job bei der Lufthansa zu kündigen und auszuwandern.
Doch dann fügte sich alles, wie vom Schicksal vorherbestimmt: Die Lufthansa bot ihren Mitarbeitern die Gelegenheit, neun Monate unbezahlten Urlaub zu nehmen. Das war Christians Chance! Er bewarb sich und der Urlaub wurde genehmigt. Kleinere Hürden schwanden wie von selbst: Das Apartment in Wien konnte Christian nicht halten, aufgeben wollte er sie aber auch nicht. Da lernte er eine Studentin kennen, die zwecks Auslandssemester für genau neun Monate eine Bleibe suchte. Und schon stand dem Abenteuer Oman nichts mehr im Wege.

Er war das Land schon rauf und runter gefahren, die Omaner hatten ihn an die schönsten Plätze ihres Landes gebracht – das wollte Christian auch gerne weitergeben. Er wollte sich als Tourguide bewerben: „Ich war nie der Bürotyp, sondern immer in meinem Element, wenn ich mit Menschen zusammen unterwegs bin.“ Kaum angekommen, stellte er sich bei den ersten Agenturen vor. Eine von ihnen war gleich von Christians offenem Wesen und seinen Sprachkenntnissen in Arabisch, Englisch, Deutsch und Französisch überzeugt – gleich am übernächsten Tag sollte er anfangen. Die Leitung der ersten Reisegruppen machte ihm einen Riesenspaß und schon nach einem Monat wusste er: „Ich werde meinen Job als Flugbegleiter kündigen. Das ist es jetzt!“ In den kommenden Wochen knüpfte er Kontakte, lernte Firmen kennen und blieb schließlich bei einer frisch gegründeten Firma mit nur drei Mitarbeitern in Muscat hängen. Mit dem Leiter der Pension, in der er während seiner Urlaube schon oft gewohnt hatte, vereinbarte er einen monatlichen Betrag für sein Zimmer, denn eine Wohnung konnte er erst mit einer Aufenthaltsgenehmigung mieten.

Magazin Oman (c) WORLD INSIGHT 02

Christian Leitner in seinem Element

Als die Saison dann vorbei war, stand Christian die große Entscheidung bevor – auch wenn er sie im Bauch schon getroffen hatte. An den Tag kann er sich noch genauestens erinnern: Es war der 13. Mai 2012, der Geburtstag seiner Mutter, an dem er bei 45 °C vor seinem Laptop saß und die Kündigung an die Lufthansa schickte. Danach starrte er erst einmal fünf Minuten auf den Bildschirm und dachte sich: „Was hast du da gerade gesendet?“. Doch dann machten sich Freude und Erleichterung breit und es ging eine Tür nach der anderen auf: Er buchte seinen Rückflug, um in der alten Heimat alles zu regeln. Ein paar Tage vor Abflug lernte er eine Deutsche kennen, die bald einen Omaner heiratete und einen Nachmieter für ihre Wohnung suchte – eine nette Zweizimmerwohnung mit Terrasse. Auch der Eigentümer war sofort einverstanden. In Österreich teilte er seinen Eltern seine Entscheidung mit, kündigte sein Apartment und fand sofort einen Nachmieter. Sein neues Leben konnte beginnen!

Die neue Wahlheimat Oman

Ohne Rückflugticket ging es zurück nach Oman – Christians neue Wahlheimat. Dort legte er beim Tourismusministerium eine Prüfung ab und erwarb damit die Lizenz, als Reiseleiter zu arbeiten. Seine Arabischkenntnisse öffneten ihm die Tür in die Welt der Omaner: Die Einheimischen brachten ihm Vertrauen und Respekt entgegen, schnell konnte er sich integrieren. Auch als Reiseleiter war das von Vorteil, denn die Gäste profitierten vom Insiderwissen des Österreichers. So führt er seit nunmehr vier Jahren Menschen aus aller Welt durch sein Lieblingsland. Mit den Reisegruppen von WORLD INSIGHT ist er besonders gern unterwegs: „Bei euren Reisegästen handelt es sich um ein besonderes Klientel, das sind weit gereiste Menschen. Die kann man von anderen Reisenden unterscheiden, weil sie nach authentischen Begegnungen suchen und Oman richtig kennenlernen wollen. Mit manchen stehe ich sogar noch in Kontakt.“

Seinen Reisegruppen zeigt Christian Omans schönste Seiten

Seinen Reisegruppen zeigt Christian Omans schönste Seiten

In Muscat fühlt Christian sich rundum wohl: „Das Sonnenlicht macht mich zu einem anderen Menschen, richtig happy! Zwischen April und September sind es hier etwa 40 °C. Anfangs habe ich zwar noch viel geschwitzt, aber jetzt hat mein Körper sich daran gewöhnt“.
Nicht nur an die Temperaturverhältnisse musste Christian sich gewöhnen, auch die religiöse und politische Lage ist in Oman ganz anders als in Österreich: Oman ist eine der letzten absoluten Monarchien, die aber von Sultan Qabus ibn Said weitestgehend demokratisch orientiert regiert wird. Es gibt ein Parlament, in welches das Volk alle vier Jahre Volksvertreter wählen darf. Diese vertreten den Willen der Omaner, den der Sultan respektiert. Entgegen aller westlichen Vorurteile sitzen auch Frauen im Parlament. Überhaupt sind Frauen hier nicht verschleiert, ganz im Gegenteil zum Nachbarland Saudi Arabien.

Zwar gelten auch in Oman die Grundwerte des Islam, doch herrscht hier vor allem die Strömung der Ibaditen vor, die als besonders liberal gilt. Christian kommt mit der muslimischen Religion gut klar. Der Koran ist aus seiner Sicht sehr friedlich und lehrt Nächstenliebe und Toleranz. Das zeigt sich auch in der Akzeptanz anderer Religionen. So finden sich in Muscat beispielsweise buddhistische Tempel und christliche Kirchen – auch wenn diese ohne Glockenturm etwas anders aussehen als hierzulande.

Die Menschen hier schätzt der Österreicher als besonders herzlich und friedliebend. Auch der Sultan habe einen großen Anteil daran: Dieser habe das Land in den letzten 45 Jahren aufgebaut und seine Landsleute nie vergessen. Er habe sie teilhaben lassen an dem Geld, das durch den Export von Erdöl erwirtschaftet wurde. Von dem Geld wurde die Infrastruktur ausgebaut, es wurde ein kostenloses Gesundheitssystem entwickelt und es wurden Krankenhäuser gebaut. Auch in die Bildung ist viel Geld investiert worden: Heute gibt es in jedem Bergdorf eine Schule, die Alphabetisierungsrate ist rasant gestiegen und sogar eine deutsche Universität gibt es hier.

Wie sehr die Menschen ihren Sultan lieben, erlebte Christian mit einer Reisegruppe von WORLD INSIGHT erst vor wenigen Wochen: „Eigentlich waren wir schon im Hotel, aber als ich hörte, dass der Sultan nach einem mehrmonatigen Aufenthalt in Deutschland zurückgekehrt war, bin ich mit der Reisegruppe in die Stadt gegangen, denn ich wusste: Jetzt wird gefeiert! Überall in den Straßen gab es Feste, es wurde getanzt, Flaggen aufgehängt und gejubelt. Die Omaner riefen ‚Papa Qabus‘, wie sie ihren Sultan bezeichnen. Das hat auch den deutschen Reisenden gefallen! Die haben mitgetanzt und Fotos mit den Menschen auf der Straße gemacht.“

Reiseleiter als Beruf und aus Berufung

Mein Oman (c) Christian Leitner 7

Mit seinem Jeep erkundet Christian gern das Land um neue Eindrücke zu sammeln

Von September bis April ist Christian fast durchgängig mit seinen Reisegruppen unterwegs, doch in den anderen Monaten hat auch er mal Freizeit. Wer aber denkt, dass ein Reiseleiter in seinem Urlaub mal frei vom Reisen haben möchte, hat weit gefehlt. „In meiner Freizeit schwimme ich gern und liege auch gern mal auf der faulen Haut! Aber vor allem entdecke ich immer gerne neue Sachen. Wenn ich ein paar Tage frei habe, dann nehme ich meinen Jeep und fahre einfach drauflos. Dann hole ich mir Ideen, die ich in mein Programm als Reiseleiter einbauen kann.“

Auch diese Saison ist vorbei, jetzt ist Christian ganz privat mit seinen Eltern in Oman unterwegs. Sie besuchen ihn schon das zweite Mal in seiner neuen Heimat und er freut sich irrsinnig, sie wiederzusehen und ihnen all die schönen Orte zu zeigen, die ihn selbst so faszinieren. Im Sommer wird er wie jedes Jahr nach Österreich fliegen und seine Verwandten besuchen. Denn auch wenn er seine Bestimmung hier in Oman gefunden hat, trägt er natürlich auch Österreich immer im Herzen.

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