Reisen wie ein Pionier 18. August 2020

Auf Tour im Baltikum

Otfried Schöttle

WORLD INSIGHT Geschäftsführer Otfried Schöttle war zusammen mit seiner Assistentin Manuela im Baltikum auf Dienstreise. Besonders ihm ist es wichtig, am eigenen Leib zu erfahren, wie Reisen in Zeiten von Corona läuft.

Wo sind sie? Die ganzen Touristenmassen, die sich im Sommer durch die engen Gassen des Dombergs von Tallinn quälen? Die Kreuzfahrtschiffe im Hafen, von denen die malerische Stadt normalerweise bevölkert werden, sind leer oder gar nicht da. Entsprechend flanieren wir gemeinsam mit Marius, unserem Country Manager für das Baltikum, in aller Ruhe durch die pittoreske mittelalterliche Stadt. Manuela, meine Assistentin, vermutet, dass hinter jeder Ecke gleich Harry Potter hervorkommen könnte – und ohne die Geschichte des Zauberlehrlings wirklich zu kennen, meine ich zu wissen, was sie damit meint: Hier ist die Zeit auf ihre mystische Weise stehen geblieben, aber das fühlt man wahrscheinlich nur dann in einer solchen Intensität, wenn man nicht Guides aus aller Welt um sich hat, die in allen möglichen Sprachen die Geschichte dieses Fleckchen Erde vor riesigen Reisegruppen herunterbeten, sondern wenn man sich einfach in Ruhe treiben lassen kann.

 

 

Herrlicher Lahemaa-Nationalpark

Wir sind wieder auf Tour. Nach Island, nun das Baltikum. Seit Ausbruch von Covid-19 müssen wir wieder lernen: lernen zu Reisen! Schöne Bildchen von anderen Ländern zu zeigen, kann jeder. Wirklich zu verstehen wie Reisen zu Covid-19-Zeiten geht, kann man nur dann, wenn man Reisen am eigenen Leib erfährt. Wenn man sich selbst die Maske überstreift, sich in die Bahn und ins Flugzeug setzt und dann dorthin fährt, wo unsere Regierung es für verantwortbar hält. Wir würden niemals Gäste dorthin schicken, wohin wir nicht selbst reisen würden! Ins Baltikum sagen Behörden und Gewissen ganz klar „ja“ zum Reisen. Alle wissen, dass die Anreise angenehmer sein könnte (Maske am Flughafen und im Flugzeug, muss aber einfach gerade auch sein!), vor Ort wird man dafür dann mit traumhaft schönen Erlebnissen belohnt. Auch im Lahemaa-Nationalpark, der etwa 60 Kilometer von Tallinn entfernt ist und daher sonst Ziel vieler Tagesausflügler der Kreuzfahrtschiffe ist, fühlen wir uns als Entdecker und Pioniere: Sandige Strände, malerische Moore, Kiefern- und Klippenwälder, Flüsse und Findlinge aus der Eiszeit, dazwischen immer wieder verträumte Siedlungen mit Häusern und Hütten, wie man sie aus Astrid Lindgrens „wir Kinder aus Bullerbü“ kennt – wo könnte man schöner wandern und radeln! Hier treffen wir auf eine unserer AktivPlus-Gruppen, mit denen wir einen Tag lang gemeinsam durch diese herrliche Gegend radeln. Die Sonne strahlt, die Stimmung ist prächtig und Juosaz, den alle nur Josef nennen, führt den Tross als unser Reiseleiter an: Er könnte dem Film „die drei Musketiere“ entstammen – groß, langes wallendes Haar, Oberlippenbart! Die Gruppe ist aus Radlern und E-Bikern gemischt, das machen wir seit dem letzten Jahr sehr erfolgreich so – auch zur Zufriedenheit von Juosaz: „So finden wir immer das richtige Tempo, für die Ambitionierteren ist es nicht zu langsam, die konditionell vielleicht etwas schwächeren kommen mit dem Hilfsmotor dagegen gut mit. Wir kommen zügig voran, immer wieder mit kleinen Pausen an schönen Stellen mit herrlichen Ausblicken.”

 

 

Gemeinsam genießen

Am Ende des Tages haben wir stressfreie 50 Kilometer zurückgelegt – mit dem Wind um die Nase, ganz nah an der herrlichen Natur des Lahemaa-Nationalparks und mit riesiger Vorfreude auf ein deftiges Essen mit landestypischen Viru-Premium-Bier. Im Baltikum ist das Gebräu nicht nur Lebensmittel, sondern auch Passion – Terviseks, zum Wohl! Wenn der Geschäftsführer mit dabei ist, dann gehen Essen und Trinken traditionell auf die Kappe von WORLD INSIGHT an diesem Abend. Und das machen wir von Herzen gern, denn wir merken nicht nur an diesen Tagen, dass es nicht nur die Inhalte unserer Riesen sind, die unsere Touren einzigartig machen, sondern vor allem auch die Menschen, die sie buchen und mitmachen: Sympathische reisefreudige Leute, die auch mal großzügig darüber hinwegschauen, wenn trotz sorgfältiger Planung etwas schiefläuft – kurz: Leute, mit denen man einfach gerne auf Tour geht. Das Gleiche haben wir schon am Vorabend festgestellt, als wir in Tallinn auf unsere ComfortPlus-Gruppe getroffen sind – hier haben wir zwar nicht den Tag gemeinsam verbracht, doch allein schon am Abend beim Essen und gesprächigen Austausch zu den Spezialitäten des Hauses im historischen Kern der Altstadt weiß man: Mit diesen Menschen wird man schnell warm.

 

 

Nach Lettland

Während unsere Gruppen weiter in Estland unterwegs sind (und wirklich ankommen), führt unsere Reise nach Süden. Wir nutzen die Fahrten, um mit unseren Country-Managern Touren zu besprechen, um darüber zu diskutieren, wie wir unsere Maßnahmen zum Schutz unserer Gäste gegen Covid-19 noch weiter verfeinern können, wir reden über Probleme, über Chancen, über die Entwicklung des Baltikums, über Geheimtipps, die Marius und unsere Reiseleiter kennen, um sie in unsere Reisen einzubauen – wir reden darüber, was „Tourismus“ ausmacht und darüber, was wirkliches „Reisen“ ist: Ankommen statt abhaken, gemeinsam entdecken statt stupider Vorträge, kleine Gruppen statt Menschenmassen, immer wieder kleine Schmankerl und Geheimtipps unterwegs, eine gesunde Mischung zwischen gemeinsamen Erlebnissen und Zeit für sich selbst. Mit anregenden Gesprächen vergehen die fünf Stunden Autofahrt zwischen dem Nationalpark und Riga wie im Flug. Die Hauptstadt Lettlands ist vielleicht die quirligste aller Regierungssitze des Baltikums: größer als die anderen, sehr international, voller Museen und mit zahllosen Restaurants und Bars bestückt. Die Altstadt ist nur Fußgängern zugänglich, der Livu-Platz ist zu nicht-Covid-Zeiten strahlendes Beispiel eines ausufernden Nachtlebens und dann gibt es natürlich noch die prächtigen Jugendstil-Bauten, die in Riga einen ihrer Höhepunkte fanden: Heute sind es vor allem reiche Russen, die in ihnen wohnen oder Geschäfte betreiben.

 

Pulsierende Hauptstadt

Riga zeigt sich gegenüber uns von seiner schönsten Seite: Die Sonne strahlt und wir spazieren ohne größere Menschenströme zum bekannten Schwarzhäupterhaus, passieren die Petrikirche und posieren vor dem Freiheitsdenkmal für ein Selfie. Zwischendurch trinken wir am Zentralmarkt einen Cappuccino und denken, dass man hier Tage verbringen könnte – machen wir mit unseren Gruppen auch, aber wir sind auf Dienstreise und so geht es für uns nach Besichtigung diverser Hotels weiter nach Litauen. Hier machen wir Halt an einem auf den ersten Blick etwas bizarren Ort: Am „Berg der Kreuze“ reihen sich tausende von Kruzifixen hinter- und teilweise sogar übereinander. Um die ursprüngliche Entstehung ranken sich Legenden. Fakt ist, dass es sich um einen mittelalterlichen Burghügel handelt, der später als Gebets- und Opferstätte diente. Zum Symbol wurde er zur Zeit der sowjetischen Besatzung des Baltikums – den atheistischen Machthabern waren die Kreuze ein ständiger Dorn im Auge.

 

Alt und neu harmonisch vereint

Die baltischen Staaten sind jung. Auch wenn sie in Folge des Friedensvertrages von Brest-Litowsk schon 1918 ihre Unabhängigkeit erhielten, trennten schließlich noch 72 Jahre Besatzung, insbesondere durch die Sowjetunion das Baltikum von ihrer tatsächlichen Freiheit. Unsere Reiseleiterin Daina erinnert sich: „Damals, im Sommer 1989, bildeten zwei Millionen Menschen den so genannten Baltischen Weg, eine Menschenkette von Tallinn über Riga nach Vilnius, um für die Unabhängigkeit ihrer Heimat zu demonstrieren“. Wir spazieren mit ihr durch ihre Heimatstadt Vilnius und die heute 50-Jährige plaudert weiter aus der jungen Geschichte ihrer Heimat: Es seien harte Zeiten gewesen, vor allem in Estland ging die Sowjetarmee besonders brutal gegen die eigentlich friedliche Revolution vor. Aber auch in Vilnius rollten Panzer in die Stadt und tötete vierzehn Menschen. Die Menschen der Baltischen Staaten haben diese Aggression durchgestanden; und auch wenn die Volkgruppen verschieden sind, so vereinigt sie dieser Widerstandskampf. Vor dem Hintergrund dieser Geschichte, wundert einen nicht, wenn Daina sagt, dass sie stolz auf ihr Land sei und dass sie Vilnius für eine der schönsten Städte der Welt hielte. Auch für objektive Betrachter wie wir steht nach unserem Stadtrundgang fest, dass Litauens Hauptstadt etwas Besonderes ist: Die barocken Kirchen, die engen Gassen, die vielen Plätze mit den charmanten Café und Restaurants, das pittoreske Künstlerviertel mit eigener selbstironischer Verfassung, die vielen öffentlichen Angebote für die Bevölkerung (Parks, öffentliche Fitnessgeräte, Wasserspiele für Kinder, Basketballplätze Skateboardbahnen, Wegenetz für Spaziergänger entlang der Flüsse Vilnia und Neris) bieten ganz viel Lebensqualität in wunderschöner Umgebung. Zudem trifft in Vilnius architektonisch ebenso spektakulär wie harmonisch alt und neu aufeinander: Hier die Altstadt mit verspielten klassischen Gebäuden, dort die hochmodernen verglasten Wolkenkratzer! Modern sind aber nicht nur die riesigen Bauten der Banken, modern ist auch der Verkehr: Fahrrad, Roller, PKWs und öffentlicher Verkehr sind nahezu gleichberechtigt; man ist bereits da, wo man hierzulande mithilfe einer Verkehrswende hin wünscht.

 

Die verträumte Seite Litauens

Marius führt uns am Abend noch zu seinem persönlichen Lieblingsort in der Umgebung von Vilnius. Auch er lebt mit seiner Familie in Litauens Hauptstadt und fährt, wenn er Zeit hat, mit Frau und Töchterchen zur Wasserburg von Trakai. Malerisch präsentiert sich das Zentrum einer ehemaligen mittelalterlichen Hauptstadt zum Sonnenuntergang inmitten einer herrlichen Seenlandschaft: keine Touristenbusse, stattdessen sehen wir verliebte junge Paare, die auf dem See entlang schippern, Familien mit Kindern, die am Ufer herumtollen und ältere Menschen, die die schönen Wege zum Flanieren nutzen. Und wenn der Hunger kommt, dann setzt man sich in eines der Restaurants am Ufer und isst Kybynlar, die Spezialität der lokalen Volksgruppe der Karäer, mit Fleisch gefüllte Teigtaschen. Man muss an dieser Stelle nicht mehr erwähnen, dass auch in Litauen ausgezeichnetes Bier gebraut wird, das nicht nur zum Kybynlar ausgezeichnet schmeckt.

 

 

P.S.: Ein paar schöne Bewegtbilder haben wir auch von unserer Reise mitgebracht. Schaut rein – es lohnt sich!

Diese Artikel könnten dich auch interessieren...

Das südliche Afrika jetzt entdecken

Alles bereit für große Naturerlebnisse

Für uns ist es natürlich, selbst auf Tour zu gehen, bevor wir Reisegruppen schicken. Jetzt war Geschäftsführer Otfried in Namibia und Südafrika, um am eigenen Leib zu erfahren, wie Reisen in aktuellen Zeiten geht.

Unser Reisender Bernhard im Interview

Uganda – Endlich wieder in die Ferne reisen!

Durch die Corona-Pandemie wurde der erfahrene Weltenbummler Bernhard zum wahrhaftigen Reisepionier. Denn bereits zum zweiten Mal war er nach den langen Lockdowns in Deutschland mit WORLD INSIGHT auf Premierentour.

Unsere ersten Touren nach dem Lockdown

Pioniere auf Tour

Für unsere Reisenden fühlte es sich schon fast an wie ein Privileg: Zu Reisen war plötzlich wieder zu etwas ganz Besonderem geworden und oft hatten sie sonst gut besuchte Attraktionen fast für sich alleine.